Rhein-Neckar, 01. April 2015. (red/ms) Aktualisiert. Verschiedene Medien vermelden, dass die Postbank ab heute, dem 01. April, für alle Überweisungen, und Scheck- und Wechseleinzüge in Papierform eine Gebühr in Höhe von 0,99 Euro erhebt. Das ist kein Aprilscherz, aber das Datum ist trotzdem falsch. Zwar sollen wirklich bald Gebühren anfallen – aber erst ab dem 01. Mai. Momentan ist außerdem strittig, ob die geplante Gebührenerhebung rechtlich zulässig ist.
Von Minh Schredle
Die Postbank hat nach eigenen Angaben bundesweit rund fünf Millionen Giro-Kunden. Für rund 75 Prozent von ihnen werden künftig Gebühren anfallen, wenn sie Überweisungen, Scheck- und Wechseleinzüge auf Papier einlesen lassen.
Als Giro-Kunde mit dem Modell „Giro extra plus“ oder „Giro 3000 plus“ zahlen Sie kein Entgelt für beleghaft erteilte Aufträge,
heißt es auf der Internet-Seite der Postbank. Für alle anderen Giro-Kunden wird ab dem 01. Mai diesen Jahres eine Gebühr in Höhe von 0,99 Euro pro Überweisung fällig. Ursprünglich hätten die Gebühren schon ab dem 01. April anfallen sollen.
Der Konzern habe sich aber dazu entschieden, seinen Kunden einen weiteren Monat länger Zeit zu geben, um sich an die Umstellung zu gewöhnen und auf Internet- oder Telefonbanking umzusteigen, heißt es auf postbank.de – diese Information ist offenbar an vielen Medien vorbeigegangen. So berichtet etwa tagesschau.de in einem Artikel, der heute veröffentlich worden ist, weiterhin, die Gebühren würden ab dem 01. April anfallen (Aktualisierung: Die Kollegen haben das nach unserem Hinweis korrigiert.).
Online- und Telefon-Banking bleiben kostenlos
Die Postbank ist nicht die erste Bank, die Gebühren für Überweisungen erhebt: Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, verlangen zahlreiche Volksbanken und Sparkassen schon seit Jahren zwischen 50 Cent und 1,50 Euro für einzelne Überweisungen.
Online-Banking und Telefon-Banking bei der Postbank bleiben weiterhin kostenlos. Somit sind von den neuen Gebühren vermutlich vornehmlich ältere Kunden betroffen, die womöglich an handschriftlich ausgefüllten Formularen festhalten wollen und mit technologischen Neuerungen Probleme haben.
Aktualisierung, 02. April, 14:02 Uhr: Wie die Pressestelle uns auf Anfrage mitteilt, werden bei der Postbank aktuell rund 3,9 Prozent aller Aufträge beleghaft eingereicht. Diese Belege müssten vor dem Einlesen an Hochleistungsscannern manuell vorbereitet werden. Bei schlechter Lesbarkeit sei anschließend eine Korrektur durch Mitarbeiter notwendig, was hohe Kosten verursache.
Die Erfassung per Telefon ist offenbar günstiger als das Einscannen der Formulare. Wie die Postbank unserer Redaktion gegenüber mitteilt, werden Telefonbuchungen grundsätzlich maschinell bearbeitet. Bei Rückfragen zu einem Auftrag kontaktiere ein Mitarbeiter den Kunden – aber nicht der Kunde den Mitarbeiter.
Neue Gebühren rechtswidrig?
Nach Informationen von Stiftung Warentest könnten mit den neuen Gebühren gegen die Rechtssprechung verstoßen werden: In einem Urteil vom 27. Januar 2015 erklärte der Bundesgerichthof, dass es rechtswidrig ist, wenn Banken und Sparkassen von Girokonto-Kunden Gebühren „pro Buchungsposten“ verlangen. Rechtsanwalt Wolfgang Benedikt-Jansen von der Schutzgemeinschaft für Bankkunden teilte gegenüber der Stiftung mit, dass dieses Urteil auch auf die Gebühren der Postbank übertragbar sei. Damit wären diese Gebühren rechtswidrig und unwirksam.
Die Verbraucherschützer haben beim Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Die Gerichtsverhandlung findet am 20. Mai am Landgericht Köln statt. Gegebenfalls haben Kunden einen Anspruch darauf, dass ihre Gebühren zurückerstattet werden. Dafür ist allerdings Voraussetzung, dass sie vorher schriftlich begründeten, die Gebühren lediglich unter Vorbehalt zu zahlen.
Wer die Gebühren in Kenntnis der möglichen Unwirksamkeit vorbehaltlos zahlt, kann später keine Erstattung mehr fordern,
heißt es von Seiten der Stiftung Warentest und bietet einen Musterbrief an, mit dem man den Gebühren widersprechen kann.
Seniorenkulanz für Stammkunden?
Aktualisierung, 02. April, 14:02 Uhr: Bestimmte Kunden können komplett von den neuen Gebühren befreit werden, auch ohne ihr Konto zu wechseln. Darauf gibt es allerdings keinen Rechtsanspruch. Die Postbank beantwortet unsere Anfrage folgendermaßen:
Wir haben in den vergangenen Wochen erste Kulanzentscheidungen getroffen, so dass diese Kunden auch zukünftig ihre Aufträge beleghaft kostenlos einreichen können. Diese Entscheidung treffen wir immer erst nach einer individuellen Prüfung, nachdem die Kunden auf uns zugekommen sind. Beispielsweise schauen wir, wo der Kunde das nächstgelegene Finanzcenter findet (für die Nutzung eines Serviceterminals) und wie lange die Geschäftsbeziehung bereits andauert. Bei unserer Entscheidung beziehen wir natürlich auch das Alter des Kunden ein. Und wir prüfen noch einmal, ob der Kunde am kostenlosen Online- oder Telefonbanking teilnimmt.
Kunden, die mit den geänderten Geschäftsbedingungen nicht einverstanden sind, haben die Möglichkeit ihr Konto fristlos zu kündigen. Die Postbank schreibt dazu: „Wir möchten unsere Kunden nicht verlieren und zeigen ihnen deshalb die vorgenannten Alternativmöglichkeiten (Anm.d.Red: Telefon- und Online-Banking) auf. Dass diese Vorgehensweise fruchtet, zeigen die rückläufigen Kündigungen im Jahresvergleich“. Diese Interpretation der Zahlen ist „interessant“.
Zahlreiche Aktualisierungen
Hinweis der Redaktion: Der Artikel wurde umfangreich aktualisiert. Nachdem es der Postbank gestern nicht möglich war unsere Anfragen zu beantworten, unter anderem „weil so viele Mitarbeiter im Urlaub sind“, haben wir heute die angefragten Informationen erhalten und ergänzt.