Ladenburg, 01. April 2015. (red/ms) Der Haushaltsplan für das Jahr 2015 wurde mit einer großen Mehrheit beschlossen – doch nur die Wenigsten zeigten sich mit den Zahlen für die kommenden Jahre zufrieden: Verschiedene Großprojekte stehen an. Zur Finanzierung verkauft die Stadt ihre letzten Grundstücke, macht Schulden und die Rücklage in Höhe gut 14 Millionen Euro wird bis 2017 vermutlich vollständig aufgebraucht sein. Die entscheidende Frage lautet: Was dann?
Von Minh Schredle
Der Haushalt sei eine Gratwanderung, sagte Bürgermeister Rainer Ziegler (SPD) in seiner Ansprache. Man müsse Bestehendes beibehalten und Neues entwickeln – und dabei die Finanzen “nicht überstrapazieren”.
In den kommenden Jahren stehen große Herausforderungen für Ladenburg bevor: Die Sanierung des Carl-Benz-Gymnasiums soll abgeschlossen werden, man will das Straßennetz grundlegend sanieren, eine Mensa und eine Sporthalle bauen und die Astrid-Lindgren-Schule erweitern – jeweils Millionenprojekte. Und die finanzielle Lage ist angespannt.
Schwankende Steuereinnahmen
Der Haushaltsplan 2015 umfasst ein Volumen von insgesamt gut 43,3 Millionen Euro. Das sind gut zehn Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Rund 30,3 Millionen Euro entfallen auf den Verwaltungshaushalt, der die laufenden Kosten der Gemeinde regelt, und knapp 13 Millionen Euro auf den Vermögenshaushalt, aus dem Investitionen finanziert werden.
Maßgeblich für den Ladenburger Haushalt sind die Gewerbesteuereinnahmen – und die unterliegen regelmäßig erheblichen Schwankungen: 2013 waren es noch 10,8 Millionen Euro, dieses Jahr sind es nur 6,7 Millionen Euro.
Wegen Defiziten auf der Einnahmeseite und hohen laufenden Kosten, wird der Vermögenshaushalt in diesem Jahr zu einem großen Teil durch Entnahmen aus der Rücklage der Gemeinde finanziert: 9,2 Millionen Euro werden den Ersparnissen entnommen.
Rücklage schwindet
Zu Beginn 2014 hatte die Stadt Ladenburg eine allgemeine Rücklage in Höhe von knapp 25 Millionen Euro. Bis 2017 wird diese nach der aktuellen Finanzplanung auf das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß von 657.000 Euro zusammengeschrumpft sein. Alexander Spangenberg (Die Grünen) bezeichnet das als “Plünderung mit atemberaubender Geschwindigkeit”.
Neben erheblichen Entnahmen aus der Rücklage sollen viele Vorhaben durch die Verkäufe von gemeindeeigenen Grundstücken finanziert werden – von denen Ladenburg nicht mehr besonders viele besitzt. Herr Spangenberg fragte in diesem Zusammenhang:
Wir verkaufen also unser Tafelsilber – und was kommt danach?
Danach habe Ladenburg keinen nennenswerten Grundstücksbestand mehr, beantwortet er die Frage selbst.
In einem stabilen Haushalt erwirtschaftet eine Kommune im Verwaltungshaushalt einen Überschuss, der dem Vermögenshaushalt zugeführt wird, um Investitionen zu finanzieren. Das wird Ladenburg in den kommenden Jahren voraussichtlich nicht gelingen.
Nach den Zahlen der mittelfristigen Finanzplanung soll erst 2017 wieder eine positive Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt an den Vermögenshaushalt möglich werden. Das heißt konkret: Bis dahin müssen alle Investitionen weitgehend aus der Rücklage oder über eine Kreditaufnahme bezahlt werden. Die Pro-Kopf-Verschuldung steigt 2015 um 150 Euro auf knapp 1.000 Euro an.
Handlungsfähig bleiben
In der öffentlichen Vorlage zur Sitzung heißt es:
Ein Ziel muss vor allem fest in den Augen behalten werden: Die Stadt darf finanzwirtschaftlich nicht handlungsunfähig werden.
Das zeigt deutlich: Die Lage ist ernst. Mittelfristige Finanzplanungen basieren immer auf Schätzungen – eine absolut verlässliche Prognose, wie sich Finanzen und Wirtschaft innerhalb mehrerer Jahre entwickeln werden, ist unmöglich. Aber klar ist: Die Stadt muss sparen, die nächsten Jahre werden hart. Karl-Martin Hoffmann (CDU) sagte in seiner Rede:
Auf überplanmäßige Einnahmen bei der Gewerbesteuer zu hoffen, stellt kein verantwortungsbewusstes Handeln dar.
Überplanmäßige Einnahmen dürften unter keinen Umständen leichtfertig und unbedacht ausgegeben werden. Oberste Priorität hätten die Pflichten der Stadt.
Pflichtaufgaben und freiwillige Leistungen
Die Tätigkeiten und Beteiligungen einer Stadt unterteilen sich in Pflichtaufgaben, wie der Betrieb Feuerwehren und Schulen, und freiwillige Leistungen, wie Kultur und Sport. Momentan betreibt Ladenburg zahlreiche, teilweise kostenintensive freiwillige Leistungen – womöglich werden davon bald Abstriche gemacht werden müssen.
Steffen Salinger (SPD) thematisierte in seiner Haushaltsrede, dass Einsparmaßnahmen und die Ablehnung von Forderungen keine Geringschätzung seitens Gemeinderats darstellen würden. Es sei die Aufgabe und Verpflichtung des Gremiums, sämtliche Ausgaben zu hinterfragen und wenn etwas abgelehnt oder eingespart werde, sei dies das Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung.
Das klingt nach einer Menge Einsparungen, die in der Zukunft vorgesehen sind – im Haushalt 2015 gibt es allerdings noch nicht besonders viele von ihnen. Man müsse “eine weitere Aufblähung des chronisch unterfinanzierten Verwaltungshaushalts vermeiden”, sagte Wolfgang Luppe (FDP) in seiner Rede. Darum bemüht man sich in Ladenburg seit Jahren. Bislang nur mit mäßigem Erfolg.
Hohe laufende Kosten
2015 fließen 1,44 Millionen Euro in die Kulturpflege, also etwa das Lobdengau-Museum, das Stadtarchiv oder die Volkshochschule. Kindergärten und Tageseinrichtungen für Kinder werden mit rund 1,25 Millionen Euro bezuschusst, die Schulen der Stadt sogar mit etwa zwei Millionen Euro.
Hier kann die Stadt nur wenig schrauben, heißt es von Seiten der Verwaltung. So haben sich beispielsweise die Personalkosten im Vergleich zu 2008 von 5,5 Millionen Euro auf etwa 7,3 Millionen Euro erhöht. Das liegt vor allem an Tarifsteigerungen. Ladenburg ist verpflichtet, die Löhne anzupassen.
Kostenintensive Investitionen
Doch auch die Investitionen, die anstehen, haben es in sich – allen voran die Sanierung des Carl-Benz-Gymnasiums. Insgesamt kostet dieses Mammutprojekt die Stadt rund elf Millionen Euro. Im Haushalt 2015 sind 5,18 Millionen Euro für diese Maßnahme vorgesehen. Für sämtliche Sanierungsarbeiten an der Schule belaufen sich die Zuschüsse, die Ladenburg erhält, auf gerade mal 481.000 Euro.
In diesem Jahr sind mehr als 515.000 Euro für die Erneuerung von Straßen eingeplant, 826.000 Euro für das Kanalsystem und 483.000 Euro für Wasserleitungen. Knapp zwei Millionen Euro Investition in die Infrastruktur.
Die Sporthalle an der Alten Martinsschule wird wegfallen – sie soll durch einen Anbau an der Lobdengauhalle kompensiert werden, das hat der Gemeinderat bereits beschlossen. Auch das ist voraussichtlich ein Millionenprojekt. Fest steht aber noch nicht, ob der Anbau nur für Sportveranstaltungen verwendet werden soll, oder auch für kulturelle. In letzterem Fall würden die Kosten noch einmal erheblich ansteigen.
Es gibt noch Hoffnung
Laut dem Kämmerer der Stadt, Claus Hessenthaler, stünden gerade außergewöhnlich viele kostenintensive Investitionen an. “So etwas, wie die Sanierung des Carl-Benz-Gymnasiums erlebt man nicht alle drei Jahre”, sagte er. Man dürfe darauf hoffen, dass der Investitionsbedarf in den kommenden Jahren deutlich geringer ausfallen wird.
Auch Fritz Lüns (Freie Wähler) sagte in seiner Rede, er hoffe darauf, dass man “den Haushalt mittelfristig wieder auf gesündere Beine stellen” kann. Ob das gelingt, hängt von einer Vielzahl ungewisser Faktoren ab. Maßgeblich werden die Einnahmen bei der Gewerbesteuer sein – und die sind unvorhersehbar.
Obwohl alle Fraktionen erhebliche Kritik am Haushalt und teilweise auch an der Verwaltung äußerten, wurde der Plan mit großer Mehrheit beschlossen. Lediglich Uwe Wagenfeld (CDU) stimmte dagegen, ohne das zu begründen.