Weinheim, 01. Juni 2018. (red) Ist der Favorit Manuel Just, Bürgermeister von Hirschberg, tatsächlich der Favorit für die OB-Wahl in Weinheim? Das ist keine Frage, er ist eindeutig der Favorit. Die entscheidende Frage ist, ob er jemand sein könnte, der den Weinheimer Filz aufbrechen könnte. Und das ist nach einem Zeitungsbericht und weiterer Informationen erheblich zweifelhaft. Die Tageszeitung Mannheimer Morgen berichtet von verfilzten Verhältnissen – das ist kein Kabarett, sondern möglicherweise eine ernste Sache.
Von Hardy Prothmann
Bekanntlich hat das Rheinneckarblog den Kandidaten Manuel Just, Bürgermeister von Hirschberg, als Favoriten für die am 10. Juni stattfindende Wahl zum Oberbürgermeister benannt.
Das hat Gründe: Herr Just hat als amtierender Bürgermeister eine vermeintlich hohe Kompetenz. Er gilt als sehr fleißig, sehr ehrgeizig, sehr korrekt.
Er wird von CDU, Freien Wählern und Grüner Liste unterstützt.
Das klingt wie eine starke Basis. Und ist es auch. Es ist zugleich sein Pferdefuß, mit dem er ins Amt humpeln wird.
Denn Weinheim ist eine von Filz zerfressene Stadt.
Je breiter also die Unterstützerbasis ist, desto ausgiebiger muss man Deals hinter den Kulissen annehmen.
Wir haben Herrn Just auf vertraulicher Ebene davor gewarnt – wer sich auf den Filz einlässt, endet im Filz und möglicherweise ist man schon vor der Wahl verfilzter als man sich das jemals vorstellen könnte.
Interessant ist, dass eine Lokalzeitung aus Mannheim vor nicht wenigen Tagen mitteilte:
WEINHEIM OB-KANDIDAT SIMON PFLÄSTERER KRITISIERT KABARETT-PROGRAMM DER SPITZKLICKER / „ZU WAHLKAMPFVERANSTALTUNG DEGRADIERT“
Wow – das ist ein schwerer Anwurf und wenn dieser von der “Weinheimer Liste” kommt, ist erstmal Vorsicht geboten – zumindest wäre das unsere Empfehlung.
Doch was, wenn Herr Just hinter den Kulissen schon viele Deals getätigt haben könnte? Die Frage darf man stellen. Die Weinheimer CDU gilt als “vorteilsorientiert” und war immer Machtbasis für den SPD-OB Heiner Bernhard. Der neue OB Just wäre kein SPD-Mann – kann sich aber bekanntlich sehr gut auch mit der SPD arrangieren.
Das überhaupt solche Gerüchte auftauchen, ist extrem schädlich für den Wahlkampf und vor allem für die Reputation von Manuel Just.
Der Hirschberger Bürgermeister ist natürlich ein Strippenzieher, wie das alle Bürgermeister mehr oder weniger sind.
Die Attacke der “Weinheimer Liste” war erwartbar schmutzig – nichts anderes erwartet man von dieser Wählervereinigung. Aber sie trifft nicht komplett daneben und erzeugt damit ein Geschmäckle – es klingt nicht ganz substanzlos. Wie übrigens viele Angriffe der Weinheimer Liste – meist vollständig überzogen, aber eben nicht ohne Substanz.
Das schwächt den Favoriten Manuel Just enorm. Er wird voraussichtlich die Wahl gewinnen und er wird dies mit einem Pferdefuß tun müssen, der gar nicht so zur sonstigen Leichtigkeit des Kandidaten passt. Er ist sozusagen mit dem Makel des Filzes angekommen, den übrigens vermutlich auch die Weinheimer Liste nur zu gut kennt.
Im Ziellauf für den Wahlkampf gewinnt Herr Just möglicherweise als Favorit Stimmen – im Ansehen hingegen nicht.
Sehr problematisch sehen wir beispielsweise die Inszenierung seiner Familie. Der Mann hat offenbar überhaupt keinerlei Skrupel in Zeiten des überbordenden Datenschutzes, seine Frau und seine kleinen Kinder für seinen Wahlerfolg einzusetzen.
Das ist die Entscheidung von ihm und seiner Frau – seine Kinder sind davon abhängig und haben rechtlos keinerlei Einspruchsrecht.
Wenn Just der Top-Favorit ist, werden auch SPD-Mitglieder ausloten, wo sie welche Felle hinüberretten können. Das sind keine guten Aussichten für die Kandidatin Stella Kirgiane-Efremidou, die eigentlich die absolute Top-Favoritin hätte sein können, wäre da nicht der Filz, der nicht SPD-dominiert ist, trotz bisherigem SPD-Oberbürgermeister Heiner Bernhard.
Die CDU und die Freien Wähler sind die Machtbasis in der Stadt – trotz aller Probleme.
Interessant ist, dass die GAL da mitmischt. Weniger überraschend ist es, wenn man weiß, wer da die Strippen zieht: Hans-Ulrich Skerl, in zweiter Legislatur als MdL zwar nicht in die Grün-Rote und nicht in die Grün-Schwarze Regierung direkt eingebunden, aber doch willfähriger Handlager des jeweiligen Regierungsauftrags.
Top-Favorit sollte deshalb eigentlich Dr. Carsten Labudda (Die Linke) sein – vollständig unverdächtig von irgendwelchen Seilschaften. Ein zwar linker, aber intellektueller Pragmatiker.
Genau deswegen handeln wir ihn mittlerweile als Kandidaten, der an der SPD-Frau Kirgiane-Efremidou vorbeiziehen könnte auf Platz zwei. Das wäre ein riesiger Erfolg für Die Linke in den alten Bundesländern.
Gewinnen wird Dr. Labudda mit ziemlicher Sicherheit nicht. Sondern Herr Just.
Allerdings – und das bleibt bedauerlicherweise festzustellen – wird Herr Just aller Voraussicht nach unseren Informationen kein Erneuerer sein, sondern den Filz vielleicht hier und da ein wenig kämen, aber sicher nicht ausbürsten.
Die Stadt Weinheim wird mit Herrn Just einen soliden Oberbürgermeister erhalten – aber keinen Erneuerer, soweit wir das beurteilen können.
Der Filz wird fortgeführt werden, vielleicht nicht so offensichtlich wie zuvor, sondern “eleganter”, aber nichtsdestotrotz nicht zielführend für die Gemeinde.
Weinheim bräuchte eigentlich dringend einen Erneuerer von außen, der bereit ist, alte Zöpfe abzuschneiden. Wie sich abzeichnet, wird Herr Just das nicht sein.
Dr. Carsten Labudda könnte das sein – er kommt aus dem Osten, was nicht eben eine Qualifikation ist, schon gar nicht als Linker – intellektuell wäre er aber mehr als die anderen Kandidaten gut für eine Erneuerung. Er wird aber nicht gewinnen.
Für Weinheim heißt das: Same procedure as every year. Bernhard geht, Just kommt. Das Meiste wird beim Alten bleiben.
Die Rolle der Weinheimer Liste als Störer ist ätzend, aber vielleicht nicht ganz schlecht, weil hier wenigstens ansatzweise kontra gegeben wird. Und die SPD ist irgendwie wie bundesweit kaum wahrnehmbar.
Demokratie ist ein langwieriges und zähes Geschäft.
Mit einem OB Just muss kein Freudestaumel ausbrechen – er wird die Gemeinde verwalten und das ehrgeizig und verantwortlich.
Spannend gestalten wird er sie nicht – das könnte ein Dr. Labudda besser. Aber der ist “Die Linke” und hat wenig Chancen gegen den etablierten Filz, mit dem sich Herr Just allem Anschein nach schon Bestens arrangiert hat.