Mannheim/Ludwigshafen/Rhein-Neckar, 01. Februar 2016. (red/ms) Nach den Ereignissen von Köln ist das Sicherheitsempfinden bei Großveranstltungen im öffentlichen Raum massiv beschädigt. Ist ein unbeschwertes Feiern überhaupt noch möglich? Wie Polizeipräsident Thomas Köber und Sicherheitsbürgermeister Christian Specht heute auf einer Pressekonferenz klarstellten, werde man „deutlich mehr auffahren“, als in den Vorjahren. Man wolle laut Herrn Köber „nicht als Spielverderber auftauchen“ – aber die Polizei werde „entschieden eingreifen, wenn etwas falsch läuft“.
Von Minh Schredle
Nach Köln ist die Welt ein bisschen anders,
sagt Thomas Köber etwas sorgenvoll, aber in erster Linie analytisch: „Wir wollen, dass Fasching völlig unbeschwert stattfinden kann.“ Das sei natürlich sehr schwierig, nachdem sich die Bevölkerung zunehmend verunsichert zeigt:
Wir sind trotzdem zuversichtlich, dass die Veranstaltungen im Präsidiumsbereich gut über die Bühne gehen können, ob in Mannheim Heidelberg oder in den Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises.
Die Sicherheitsvorkehrungen wurden dafür im Vergleich zu den Vorjahren massiv erhöht. Beim Polizeipräsidium Mannheim ist für die Feiertage eine Urlaubssperre verhängt werden – Polizeipräsident Köber will so viele Kräfte wie möglich verfügbar haben und Präsenz auf den Straßen zeigen.
Bitte keine Provokationen
Die Polizei soll den Feiernden während der Fastnachtstage als auch Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Herr Köber bittet ausdrücklich darum, Auffälligkeiten zu melden, falls irgendwelche Gruppen problematisch wirken. Der Polizeipräsident rät, auf provokante Kostüme – etwa als Sprengstoffattentäter oder nicht als „Spielzeug“ erkennbare Waffen – zu verzichten. Dabei guckt er ernst:
Wenn wir eine Bedrohung nicht ausschließen können, müssten wir entsprechend reagieren. Ich hoffe, dass „Spaßvögel“ uns und sich das ersparen.
Man wolle aber sicher „nicht als Spielverderber auftreten“. Aber allgemein gelte für die Fastnachtstage der Grundsatz:
Wenn wir den Eindruck haben, dass etwas schiefläuft, werden wir konsequent einschreiten.
Für den Fall, dass etwas passieren sollte, sei man gut darauf vorbereitet, das zu verfolgen. Dafür werde an Schwerpunkten wie dem Paradeplatz auch eine mobile Videoüberwachung stattfinden. Es solle den Menschen möglich sein, „unbeschwert auf der Straße feiern“ mit dem „guten Gefühl im Bauch, wir bewegen uns auf sicherem Terrain“.
Gemeinsame Strategie
Nicht nur das Polizeipräsidium Mannheim ist darum bemüht, das so weit wie möglich zu gewährleisten. Für die „fünfte Jahreszeit“ hat man in Zusammenarbeit mit den Städten Ludwigshafen und Mannheim sowie dem Polizeipräsidium Rheinpfalz eine gemeinsame Strategie entwickelt. Christian Specht, Erster Bürgermeister und Sicherheitsdezernent der Stadt Mannheim, spricht von einem abgestimmten Konzept links und rechts des Rheins.
Auch die Stadt Mannheim werde ihren Beitrag zur Sicherheit leisten, kündigt Herr Specht an. So wolle man die verfügbaren Kräfte des Kommunalen Ordnungsdienst bündeln: Von den 30 Mitarbeitern im Außeneinsatz sollen bis zu 12 Kräfte gleichzeitig in Zweier-Teams in der Innenstadt Präsenz zeigen. Außerdem würden Kräfte von „Hart am Limit“ unterwegs sein, um Alkoholmissbrauch minderjähriger Jugendlicher zu unterbinden.
„Das ist ja nicht gerade der Normalzustand“
Als grenzüberschreitendes Kooperationsprojekt haben die Städte Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg, der Rhein-Neckar- und der Rhein-Pfalz-Kreis, die beiden Polizeipräsidien und die Bundespolizei ein gemeinsames Faltblatt gestaltet, dass in vier Sprachen Verhaltensregeln für die Fastnachtszeit erklären soll. Diese Flyer werden, wie Herr Specht mitteilt, in allen Fahrzeugen der rnv ausgehängt, außerdem wolle man sie in den Flüchtlingsunterkünften der Region ausgeben. Herr Specht sagt dazu:
Man muss sich klar machen, dass die Fastnacht für viele Menschen aus anderen Kulturen eine sehr außergewöhnliche Situation ist. Plötzlich laufen überall verkleidete Menschen herum und werfen mit Süßigkeiten. Das ist ja nicht gerade der Normalzustand und für den Außenstehenden fast zwangsläufig verwirrend.
Man müsse daher klar machen, dass auch das ausgelassene und unbeschwerte Faschingszeit zur regionalen Kultur gehören – aber gleichzeitig, dass es auch hier klare Grenzen gebe, die ein funktionierendes gemeinsames Miteinander definieren.
Das Motto für die kommenden Tage müsse sein: „Feiern, aber sicher!“ – das gelte auch für sämtliche Umzugswägen, die allesamt vom TÜV geprüft würden, bevor sie zugelassen werden.
Pfefferspray zuhause lassen
Als potenziell problematisch schätzen Stadt und Polizei vor allem den Schmutzigen Donnerstag, den Fasnachtssonntag und den Fasnachtsdienstag ein. Wie Polizeipräsident Köber mitteilt, sei die Polizei an diesen Schwerpunkt-Tagen teils bis zu 05:00 Uhr morgens im Einsatz.
Herr Köber warnt ausdrücklich davor, sich selbst mit Pfefferspray, Reizgas oder ähnlichem zu bewaffnen. Tendenziell könne der Polizei „alles, was in dieser Richtung auf dem Markt ist, Probleme bereiten“. Daher solle man das Zeug besser zuhause lassen:
Eine Aufrüstung ist nie ein Beitrag zu mehr Frieden.
Im schlimmsten Fall könnten die Waffen gegen einen selbst eingesetzt werden oder eine Eskalation der Lage provozieren.
Jede Waffe bringt Gefahren
Das beurteilt die Redaktion ähnlich: Man stelle sich nur die Situation vor. Zwei Betrunkene fangen in einem Festzelt an zu streiten. Es wird handgreiflich. Wenn es zu Verletzten kommen sollte, dann handelt es sich wahrscheinlich „nur“ um diese beiden.
Die gleiche Situation, aber diesmal setzt jemand Pfefferspray – dann können aus zwei Verletzten schnell 20 oder noch mehr werden. Vielleicht gerät auch ein ganzes Zelt in Aufruhr und es kommt zur Massenpanik. Insbesondere wenn viel Alkohol im Spiel ist, kann es dabei zu nicht unerheblichen Gefahren kommen.
Der vielleicht hilfreichste Vorschlag von Herrn Köber, um gewaltsame Konflikte zu vermeiden, ist eigentlich sehr nahe liegend und wird in der jungen Vergangenheit eher vernachlässigt: Man solle „einfach ein bisschen ein soziales Wesen sein, aufeinander achten und sich gegenseitig helfen“. Das sei die beste Prävention.