Schriesheim/Rhein-Neckar, 01. März 2013. (red/zef) Ein wichtiges Thema auf der gestrigen Kreisversammlung Neckar-Bergstraße der Grünen war das Bundestagswahlprogramm. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag und Kreisvorsitzende Hans-Ulrich Sckerl kritisiert das aktuelle Programm als „nicht regierungsfähig“. Die Wahl könne „man damit abhaken“.
Von Ziad-Emanuel Farag
Fadime Tuncer, die Vorsitzende des Kreisverbandes, stellte das Programm in Grundzügen vor. Das Hauptthema seien die Energiewende, die soziale Gerechtigkeit und die moderne offene Gesellschaft. Darunter fallen auch die Integrations- und Asylpolitik. Die Wirtschaftspolitik und die europäische Finanzkrise stellte Tuncer als Kompetenzthemen vor, mit denen die Partei ihre Regierungsfähigkeit zeigen will. Weitere Themen der Grünen im Wahlkampf sind die Gleichberechtigung, die Internetpolitik und der Rechtsextremismus.
Wie der aktuelle Entwurf im Detail aussieht, wurde den Mitgliedern nicht vorgestellt. Laut Frau Tuncer hätten detailiertere Inhalte noch nicht vorgelegen. Inzwischen ist es jedoch auf der Homepage der Grünen für jeden einsehbar. Das liegt an Flügelkämpfen innerhalb der Partei, wie der Landtagsabgeordnete Sckerl erläuterte:
Dieses Wahlprogramm ist eine Richtungsentscheidung für die Grünen. Das ist aber bisher ein linkes Oppositionsprogramm, ein klassiches Grünen-Programm, wie wir es in den letzten zehn Jahren gemacht haben. Damit sind wir in Deutschland nicht regierungsfähig.
„Ein Vergraulprogramm können wir uns nicht leisten“
Für Sckerl können die Grünen damit als Regierungspartei, die den Ministerpräsidenten stellt, nicht auftreten:
Das Programm sieht unter anderem vor, dass öffentliche Leistungen durch Steuererhöhungen finanziert werden. In Baden-Württemberg waren jedoch Mittelständler und das Handwerk wichtige Bündnispartner, die den Regierungswechsel erst ermöglicht haben. Für sie brauchen wir ein Programm mit Aufbruchstimmung mit den Themen: Technologische Revolution und Energiewechsel. Ein Vergraulprogramm können wir uns nicht leisten.
Sckerls Wählererwartung für dieses Programm klingt auf den ersten Blick optimisch:
Damit erreichen wir bundesweit 12, 13 oder 14 Prozent. Aktuell liegt aber die CDU bei 41 Prozent, die SPD sinkt weiter auf 27 Prozent, die Linke liegt bei 6 Prozent. Diese Konstellation ist keine, aus der rot-grüne Träume gemacht sind.
Das Problem liegt daher für Skerl auch bei der SPD. Er verweist auf den Kanzlerkanditaten Peer Steinbrück, unter dem die SPD bundesweit schwächele:
Die Grünen müssen daher ein höheres Ergebnis erzielen. Daher muss das Programm die Mitte der Gesellschaft ansprechen. Bei dieser Grundsatzentscheidung müssen wir uns in Baden-Württemberg extrem stark einbringen. Wir müssen dafür kämpfen, dass die Grünen mit diesem Programm mehrheitsfähig werden.
Gelegenheiten bieten sich den Mitgliedern der Grünen viele: Bis zur Mitgliederentscheidung über das Programm am 8. Juni und 9. Juni sollen die Schwerpunktthemen ausführlich diskutiert werden und anschließend stimmen alle Kreisverbände bundesweit einzeln ab. Bevor es dazu kommt, tagt vom 26. bis 28. April die Bundesdelegiertenkonferenz in Berlin. Sie verabschiedet den Entwurf für den bundesweiten Mitgliederentscheid.
Ein Newcomer als Bundesdelegierter
Die Kreisversammlung wählte Anette Reimelt aus Schriesheim und Michael Haug aus Ilvesheim als ihre Vertreter in Berlin. Michael Haugs Wahl überrascht: Er ist erst seit dem 27. Februar 2013 Mitglied der Grünen. Er war vorher auf keiner Kreisversammlung. Zudem haben die Mitglieder auf dem Programmforum der Grünen am 16. März in Bruchsal die Gelegenheit das Programm mitzugestalten. Als Vertreter für die Landesdelegiertenkonferenz wurden die Kreisvorsitzenden Fadime Tuncer und Uli Sckerl gewählt.
Prostituierte sollen besser geschützt werden
Die Kreisversammlung bestätigte Doro Meuren aus Weinheim als Delegierte für die Landesarbeitsgruppe Frauen. Meuren nimmt ein wichtiges Thema in Angriff:
Am 13. März werde ich an einem Fachgespräch teilnehmen. Wir Frauen von der LAG haben beschlossen, dass wir das Prostitutionsgesetz überarbeiten. Wir möchten etwas für ihren Schutz tun. Das ist momentan noch ein Thema, an das sich die Grünen nicht gerne wagen. An dem Gespräch nimmt eine Sozialarbeiterein aus Stuttgart, die in einer Beratungsstelle arbeitet, teil. Professor Adolf Gallwitz von der Polizeihochschule Villingen-Schwenningen laden wir auch dazu ein.