Mannheim, 31. Mai 2016. (red/nh) Fest im Sattel, kräftig in die Pedale gedrückt – ab gehts. Das Fahrrad wird kommendes Jahr 200 Jahre alt. Ganz schön alt, könnte man meinen, aber es ist fidel wie nie. Berühmt ist es vor allem für seine Flexibilität. Jedenfalls ist diese Eigenschaft von besonderer Bedeutung für den aus tiefsten Herzen überzeugten fahrradfahrenden Lenker im Sattel. Er fühlt sich einfach autonomer als verzweifelte Parkplatzsucher oder Stausteher. Fahrradfahren ist gesund, ökologisch und voll im Trend. Wir starten eine umfangreiche Serie zum Thema Fahrrad.
Von Naemi Hencke
Schnellfuß – aus dem Lateinischen übersetzt. Auf Französisch Vélocipède oder kurz vélo. In Deutschland sagt man gerne knapp Rad oder vor allem in südlicheren Gegenden ganz nett Radl. Trendig heißt es Bike. Gemeint ist das wohl jedem bekannte überwiegend zweirädrige Landfahrzeug – das Fahrrad.
Manchmal retro, manchmal schick und (fast) immer treu
Es gibt heute zahlreiche verschiedene Arten: Rennräder, Mountainbikes, Lastenfahrräder, Liegeräder, Touren- und Trekkingräder, Singlespeed und Fixies, BMX-Räder und welche, die man “klappen” kann. Die Liste ist lang.
Allen gemein ist das schlichte Prinzip der Konstruktion: Ein Rahmen hält zwei Räder, die von zwei Pedalen über eine Kette angetrieben werden. Dann noch Lenkstange und Sattel – fertig ist das Fahrrad, das in seinen ersten Versionen noch ein Laufrad war. Übrigens eine Konstruktion, mit der Kinder bis heute die Balance lernen, um später vom Lauf- auf das Fahrrad umzusteigen.
Im kommenden Jahr wird die Erfindung Fahrrad stolze 200 Jahre alt. Dessen Erfinder ist zwar in Karlsruhe geboren – darüber dürfen sich die Karlsruher gerne freuen. Als Erfinder war er aber Mannheimer.
Das Ur-Fahrrad
Nachdem Karl Freiherr von Drais als Forstmeister freigestellt worden war, konnte er sich im Alter von 33 Jahren endlich vollkommen seinen Erfindungen widmen.
Im Jahr 1812 stiegen die Haferpreise erheblich und das “Jahr ohne Sommer” 1816 zog verheerende Ernteausfälle nach sich. Dieses Elendsjahr ist auch als “Achzehnhundertunderfroren” bekannt.
Hauptursache war sehr wahrscheinlich der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien. Die damit einhergehenden Zustände könnten für Karl Drais ein Grund gewesen sein, ein pferdeloses Fahrzeug zu entwickeln – denn die Pferde konnten mangels Hafer schlicht nicht mehr ernährt werden.
Am 12. Juni 1817 war es soweit: Karl Drais unternahm seine erste Fahrt mit seiner “Laufmaschine”, später von Dritten auch Draisine genannt. Diese Fahrt führte ihn von seinem Wohnhaus in M1 ins sieben Kilometer entfernte heutige Rheinau. Das Ur-Fahrrad wog damals etwa 22 Kilogramm und konnte damals schon eine Geschwindigkeit von ungefähr 15 Stundenkilometern erreichen, was auch heute noch flott ist.
Höhenflug und tiefe Krise
Seinen größten Erfolg erlebte das Fahrrad im 20. Jahrhundert. Im Zuge der Industrialisierung und der Urbanisierung wurden die Wege zu den Arbeitsstätten immer weiter. Das Fahrrad wurde auch für kleinere Geldbeutel erschwinglich – und so konnte sich fast jeder ein solches Gefährt leisten. Laut einer bei Wikipedia genannten Studie fuhren 1936 in größeren Städten Deutschlands bereits 43 bis 61 Prozent der Einwohner mit dem Fahrrad zur Arbeit. Man kann sagen: Das Fahrrad war zu jener Zeit das wichtigste Verkehrsmittel.
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Mit zunehmendem Wohlstand und der Motorisierung der Gesellschaft verlor das Fahrrad in Deutschland seine Attraktivität und Vormachtstellung. Und obwohl das Fahrrad heute, beziehungsweise seit den 70-er Jahren, wieder eine Renaissance erlebt, musste es doch schon einige tiefe Krisen bewältigen.
Monnem-Bike
Das Fahrradjahr 2017 soll natürlich gebührend gefeiert werden. Vor allem in Mannheim, der Geburtsstadt des heutigen Fahrrads. Die Planung der Festivitäten führte allerdings schon zu Streit: Es soll ein autofreies Wochenende in der City geben, wogegen der Handel Sturm läuft.
Es gibt auch pfiffige Ideen: Es soll ein Fahrradkino geben – den Strom hierfür sollen die Fahrradfahrer selbst über eine Dynamo-Rolle produzieren. Der Radsalon wird Nützliches und aktuelle Trends rund um das Thema Fahrrad unter freiem Himmel präsentieren. Die Besucher werden vor Ort auch gleich noch ihr Fahrrad mit professioneller Unterstützung durchchecken lassen können.
Das Thema Fahrrad ist eigentlich “schlicht”, tatsächlich aber hochkomplex, so wie modernste Konstruktionen der ursprünglichen Erfindung.
Wir widmen dem Fahrrad und dem Jubiläum eine ganze Reihe von Artikeln in loser Folge. Wir werden Verkehrskonzepte beleuchten, Sicherheitsfragen beantworten und spannende Trends ausprobieren. Warum lohnt es sich das Fahrradfahren zu fördern? Was wird in anderen Städten und Ländern für das Fahrrad getan? Und wie gut ist es tatsächlich um das Fahrrad und seine dafür nötige Infrastruktur in seiner Geburtsstadt bestellt?
Das sind nur einige Fragen, denen wir nachgehen. Wenn Sie Geschichten rund ums Rad haben, dann kontaktieren Sie uns doch: redaktion(at)rheinneckarblog.de.
- Welches besondere Erlebnis verbinden Sie mit dem Fahrrad?
- Warum verzichten Sie auf ein Auto und nehmen das Rad?
- Was war ihre längste Tour?
- Wie erleben Sie als Radfahrer den Verkehr oder als Nicht-Radfahrer solche, die Rad fahren?
- Welche Fragen sind offen?