Rhein-Neckar, 31. Dezember 2015. (red) Ob die Zahl bis auf die letzte Ziffer stimmt? Vermutlich nicht, aber gerundet sind 2015 mehr als 180.000 Menschen als Flüchtlinge nach Baden-Württemberg gekommen. Die Zahl kann man über eine Statistik des Integrationsministeriums addieren. Deutschlandweit sind das gemessen am “Königssteiner Schlüssel” rund 1,42 Millionen Menschen in nur einem Jahr.
Aktuell gehen die Zahlen zurück. In der Woche 49 waren es noch rund 10.000 Menschen, danach fiel der Wert auf rund 5.000 Menschen pro Woche ab. Zuvor gab es ab der Woche 36 einen enormen Anstieg, dann “Zackenverläufe”, mal hoch, mal runter. Seit Anfang Juli stiegen die Zugangszahlen unaufhörlich.
Berücksichtigt man, dass rund 45.000 Personen in Erstaufnahmeeinrichtungen sind und bis die Bearbeitung der Asylanträge bis zum Herbst mehr als schleppend verlief, könnten nach unseren Berechnungen weit über 50.000 Menschen zwar “erfasst”, aber jenseits eines geordneten Ablaufs einfach nur verwaltet werden. Damit müssen sich mehrere 10.000 Menschen nicht in Landeserstaufnahmeeinrichtungen befinden, sondern in Kreiseinrichtungen. Das wäre gegen den gesetzlichen Ablauf – aber wer kontrolliert das schon? Vor allem, wenn niemand einen richtigen Überblick hat.
Die Landesregierung ging offiziell noch bis zum Sommeranfang von 50.000 Flüchtlingen aus, innerhalb weniger Wochen steigerte sich dass dann auf 80.000, dann gut 100.000 Flüchtlinge. Das es jetzt, eingerechnet dem “Schwund” von mindestens zehn Prozent gut doppelt so viele Menschen sind – dazu schweigt sich die Landesregierung bislang aus. Soweit wir das im Überblick haben, sind wir das einzige Medium mit halbwegs aktuellen Zahlen.
Der Rhein-Neckar-Kreis musste nach unseren Zahlen über 10.000 Menschen in 2015 aufnehmen. Das deckt sich nicht mit Zahlen, die wir kennen. Der Kreis ist allerdings vollends überlastet und mietet und kauft, was er in die Finger bekommt, um die Menschen unterzubringen. Man zahle “marktübliche” Preise, heißt es – das darf man getrost bezweifeln. Die Not treibt die Preise immer. 30-40 Euro pro Person pro Nacht mag “marktüblich” für ein Hotel mit geringem Komfort sein – für eine dauerhafte Flüchtlingsunterkunft ist das Wucher. Kein Hotel ist dauerhaft ausgebucht – mit der Flüchtlingsbelegung schon. Hoteldienstleistungen als Betriebskosten fallen weg. Das macht bei 100 Personen am Tag 3.000 Euro, im Monat gut 90.000 Euro. Wer gestern eine Schrottimmobilie hatte, ist nach wenigen Monaten Millionär.
Fraglich ist, wo viele Flüchtlinge, die es ausweislich der Zahlen des Integrationsministeriums geben muss, abgeblieben sind? Nach unseren Informationen verschwinden manchmal bis zur Hälfte der Personen, die zu einer Einrichtung gefahren werden.
Offenbar gibt es feste Strukturen außerhalb der Einrichtungen, die “attraktiver” sind – dafür verzichten diese Menschen sogar auf eine zügige Behandlung ihres Asylantrags, auf “Taschengeld” und ärztliche Versorgung sowie auf alle weiteren staatlichen Leistungen – aber sie verstoßen auch gegen die Schulpflicht, sofern sie Kinder im schulpflichtigen Alter haben.
Dass es eine Dunkelziffer gibt, gestreitet niemand – Erkenntnisse, wie hoch diese ist, gibt es scheinbar nicht.
Der Zustrom der Flüchtlinge hört mit dem Jahreswechsel nicht aus. Nach vergangenen Prognosen geht man mindestens vom Jahresniveau 2015 aus, eher mehr. Im Winter stiegen die Zahlen traditionell, weil vor allem Balkanflüchtlinge die harte Winterzeit gern im milderen Deutschland verbracht haben. Hier scheint es wegen der Drittstaatenregelung und (bezahlten) Rückführungen Entlastungen zu geben. Gleichzeitig könnten die Fahrten über das Mittelmeer im raueren Winter abnehmen. Hinzu kommen Verhandlungen mit der Türkei.
Je nachdem, wie diese Verhandlungen ablaufen und sich die “politischen” Umstände entwickeln, könnte es vermutlich ab März zu einem dann sprunghaften Anstieg der Flüchtlingszahlen und damit zu enormen Engpässen kommen.
Das würde zeitgleich zur Landtagswahl in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ablaufen. Insbesondere in Baden-Württemberg stehen die Chancen für rechtskonservative Parteien wie die AfD gut – zumindest sagen das Umfrageprognosen der Forschungsinstitute.
Die Lage in den übervollen Lagern könnte sich durch “Koller” zeitgleich zuspitzen – insbesondere zur kalten Jahreszeit kommen die Menschen kaum raus. Aktuell hat sich das dank vergleichsweise milden Temperaturen noch nicht bemerkbar gemacht – dass es kälter wird, davon ist auszugehen.
Auf Seiten der ehrenamtlichen Helfer macht sich nach unserem Eindruck Erschöpfung breit – ein sprunghafter Anstieg wäre ohne diese, bei sowieso überlasteten öffentlichen Kräften und Hilfsdiensten, kaum zu verkraften.