Mannheim/Rhein-Neckar, 29. August 2012. (red/la) Der “Einheitliche Regionalplan” der Metropolregion Rhein-Neckar wird Ende 2013 in Kraft treten. Doch bisher weiß kaum jemand, was darin steht und wie weitreichend die Beschlüsse sind. Die beiden grünen Landtagsabgeordneten Wolfgang Raufelder und Uli Sckerl erklärten den Stand der Dinge und forderten mehr Bürgerbeteiligung.
Von Reinhard Lask
Auf dem Tisch im Konferenzraum liegt eine überdimensionale Karte der Metropolregion. Wolfgang Raufelder und Uli Sckerl sitzen daneben. Hinter ihnen an der Fensterfront des neuen Büros am Mannheimer Kaiserring hängt eine ähnliche Karte. Bunte Flächen begrenzen geplante und bestehende Gewerbegebiete, Wohnflächen und Grünzonen. Die Karten zeigen den “Einheitlichen Regionalplan”, der ab 2013 gelten soll.
Kaum jemand interessiert sich für das Wortungetüm. Nicht mal die Medien. “Als ich in der Redaktionskonferenz vorgeschlagen habe, was über den Regionalplan zu machen, haben alle gegähnt”, erzählt ein Kollege. Er kam heute zum Pressegespräch, der Kollege der Lokalzeitung fehlte. Es zeigt das Dilemma. “Die Leute wissen nicht, welche große Bedeutung der Regionalplan für alle in der Metropolregion hat”, sagt Raufelder.
“Keine Gemeinde wird in den kommenden Jahren irgendetwas planen können, was nicht da drin steht.”
Neue Wohn- oder Gewerbegebiete auszuweisen, die nicht im Regionalplan stehen, wird nach der Verabschiedung 2013 mehr als schwierig sein. “Hier läuft eine Schattendiskussion, von der kaum jemand Notiz nimmt”, sagt der Landtagsabgeordnete Uli Sckerl. Er meint die Verhandlungen und Debatten in der Verbandsversammlung.
Selbst Gemeinderäte unterschätzen die Tragweite
Hier haben die Verwaltungen der Gemeinden der Metropolregion das Sagen. Die Bürger werden nicht gefragt. “Leider ist das Ganze nur eine Expertendiskussion”, sagt er. Selbst in den Kommunen wissen viele Gemeinderäte nicht, was in der Versammlung verhandelt, beschlossen und Ende 2013 in Kraft treten soll. Mitunter werden die Beschlüsse der Kommunalen Verwaltungsexperten nur abgenickt.
Trotzdem ist Raufelder zufolge bei dem “Expertenplan” nicht nur Schlechtes herausgekommen:
“Dass der Flächenverbrauch der einzelnen Gemeinden koordiniert wird, ist an sich ein großer Fortschritt.”
Nachhaltige Energiewirtschaft, gemeinsamer Luftreinhaltungsplan, Schutz der Arten, Biotope, Ausbau erneuerbarer Energien – all das findet den Beifall der Grünen. “Regionale Grünzüge haben im Regionalplan eine Aufwertung erhalten”, sagt Raufelder. Auch wenn es noch lange nicht genug sei, sei ein erfreulicher Trend erkennbar:
” Wenn Hockenheim Flächen zubaut, betrifft das die Luftqualität der ganzen Region. Die Gemeinden erkennen langsam, dass ihr Handeln Auswirkungen auf die ganze Region haben kann.”
Da die Luftbelastung in der Region vergleichsweise stark sei, sei eine gemeinsame Strategie nötig. So müsse man eine Strategie zur Verkehrsverlagerung entwickeln, um die Straßen der Region effektiver zu nutzen. “Dafür fehlen im Regionalplan bisher leider Investitionen in die dafür nötigen innovativen Verkehrsleitsysteme”, sagt Raufelder.
Buchen gewinnen den Klimawandel, Fichten verlieren
Der fortschreitende Klimawandel erfordere zudem eine andere Flächennutzung von Äckern und Wäldern. Man müsse berücksichtigen, dass andere Anbau- und Baumarten besser gedeihen, wenn es wärmer werde. Buchen seien da widerstandsfähiger als Fichten. Es sei notwendig jetzt umfassend vorauszuplanen.
Verkehrspolitisches Hauptziel der Grünen ist die ICE-Neubaustrecke zwischen Frankfurt und Mannheim. Raufelder zufolge drohe Mannheim langfristig die Abkopplung vom ICE-Netz. Für die Grünen würde damit ein wichtiger Baustein ihres überregionalen Verkehrskonzept verloren gehen. “Wir wollen den Güterverkehr aus der Region Stuttgart nach Rotterdam von der Straße auf Bahnlinien und Flüsse umlenken”, sagt Raufelder. Bei Daimler-Benz in Stuttgart bereite man die Transportverlagerung auf den Neckar bereits vor. “Durch die hohen Benzinpreise beginnt sich das auch für die Unternehmen zu rechnen”, sagt er.
Die zweite Ausbaustufe des S-Bahn-Netzes soll zudem den Straßenverkehr entlasten. Wichtigstes Projekt dabei sei die Anbindung von Ladenburg und Weinheim. Weitere Fluglandeplätze oder gar neue Flughäfen wollen die Grünen nicht in der Region haben. “Neuostheim hat keine Chance”, sagte Raufelder.
Genehmigte Wohngebiete neu verhandeln
Auf sinkende Bevölkerungszahlen in den kommenden Jahren wollen die Grünen auch bei der Neuausweisung von Wohnflächen reagieren. Mehr noch: Raufelder fordert auch über bereits genehmigte, aber unerschlossene Flächen neu zu verhandeln.
“Viele Ausweisungen haben die Gemeinden bisher gar nicht genutzt. Da sollten wir schauen, ob die bisher Bewilligten überhaupt noch gebraucht werden”
Bislang unentdecktes Potenzial soll die Angleichungen der Ferienzeiten in der Metropolregion bergen “Gemeinsame Ferienzeiten in den Gemeinden aller drei Bundesländer schafft Mobilitätspotenziale und tragen zum Zusammenwachsen der Region bei.” Hier plädiert Raufelder dafür stärker in regionalen Dimensionen zu denken, da die EU Regionen eher fördere als Bundesländer.
Beim Thema Energie sei der Regionalverband immer noch nicht der Windkraft freundlich gesonnen, sagt Sckerl. Vielmehr setze man immer noch auch schmutzige Kohlekraft und den Ausbau wie das Fanal des Block 9 beweise. Doch Raufelder sieht keine Zukunft im schwarzen Gold: “Wenn unser Energiegesetz kommt, wird die Kohle unwirtschaftlich” Dies gehöre zu einer Nachhaltigkeitsstrategie, die der Grüne bei den anderen Fraktionen vermisst – und das nicht nur in der Verbandsversammlung der Metropolregion.