Heidelberg, 29. April 2016. (red/ms) Das Heidelberger Konferenzzentrum soll in der Bahnstadt gebaut werden. Darauf hat sich der Gemeinderat am Donnerstag mit großer Mehrheit festgelegt. Rund 65 Millionen Euro sollen an der Kreuzung von Czernyring und Max-Jarecki-Straße investiert werden, “um größere Tagungen und Kongresse ausrichten zu können”, wie es nach Angaben der Stadt heißt. Ganz unumstritten sind Projekt und Standort nicht.
Von Minh Schredle
Bis zur tatsächlichen Verwirklichung des Projektes ist es noch ein weiter Weg. Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner zeigt sich dennoch erleichtert:
Wir haben uns endlich festgelegt. Danke!
Damit kommt es nach gut drei Jahren Debatte mit intensiver Bürgerbeteiligung zu einer wegweisenden Zwischenentscheidung: Als Standort für das neue Konferenzzentrum (geschätzte Baukosten: 65 Millionen Euro) soll in der Bahnstadt errichtet werden, nachdem er in einer Machbarkeitsstudie auf seine Tauglichkeit dafür untersucht worden ist. Außerdem soll in den kommenden Monaten ein Architekten-Wettbewerb durchgeführt werden, um konkrete Entwürfe für den Neubau zu erarbeiten.
Große Mehrheit für den Standort Bahnstadt
Diese Beschlüsse wurden im Gemeinderat mit großer Mehrheit getroffen: Bei zwei Enthaltungen und sechs Gegenstimmen stimmten 35 Stadträte für die Vorlage der Verwaltung – unumstritten sind Projekt und Standort allerdings nicht: So bemängelten insbesondere Fraktionsmitglieder von Grünen, GAL und Bunte Linke (BL) das geplante Investitionsvolumen.
Dr. Arnulf Weiler-Lorentz (BL) prognostizierte, dass der Stadt, “so wie beim Theater”, die Kosten davon laufen würden. Außerdem könne er die Aussage, Heidelberg “brauche” dieses Konferenzzentrum, so nicht nachvollziehen.
Hohe Betriebskostenzuschüsse drohen
Peter Holschuh (Grüne) warnte davor, dass die Betriebskostenzuschüsse überhand nehmen könnten: Es sei mit gut drei Millionen Euro pro Jahr zu rechnen, die den Haushalt der Stadt langfristig und strukturell belasten könnten – zusätzlich zu den zwei Millionen Euro Zuschuss, die jedes Jahr an die Stadthalle gehen:
Dafür, dass an diesen beiden Standorten pro Jahr vielleicht zehn Veranstaltungen mit mehr als 1.400 Teilnehmern stattfinden werden, sind diese Summen nicht verhältnismäßig.
Damit vertritt Herr Holschuh allerdings eine Minderheitenmeinung innerhalb seiner Fraktion: Von zehn Stadträten der Grünen stimmten nur zwei gegen das Vorhaben.
“Wir wollen kein 08/15”
Auch in den Reihen von CDU und “Heidelberger” gab es Kritik: Stadtrat Alexander Föhr (CDU) sagte deutlich, die CDU hätte sich einen anderen Standort gewünscht:
Aber die Fakten sind nun mal wie sie sind – und die Realisierung in der Bahnstadt ist am sinnvollsten. Die CDU wird daher zustimmen. Das ist keine Herzens- sondern eine Kopfentscheidung.
Wolfgang Lachenauer teilte mit, die “Heidelberger” wären mit dem Standort “überhaupt nicht einverstanden” – der Bahnstadt fehle “das besondere Heidelberger-Flair”. Das Zentrum müsse für diese Kosten etwas Besonderes werden, nicht “08/15”.
Heidelberg verbinden
Rundum zufrieden mit dem Standort zeigte sich letztlich eigentlich nur die SPD-Fraktion. Prof. Dr. Anke Schuster entgegnete auf die Worte von Herrn Lachenauer, man könne nicht zwischen einem “alten, echten Heidelberg” und einem “neuen nicht-Heidelberg” unterscheiden:
Es muss uns gelingen, den alt-ehrwürdigenen, traditionell-erhabenen Teil unserer Stadt mit einer modernen Dynamik zu verbinden.
Wie sehr es dem “Heidelberger Flair” wohl zutragen würde, einen futuristischen Neubau neben pittoreske Altbauten zu setzen?
Planung eigentlich noch am Anfang
Auch wenn sich der Planungsprozess bereits über mehrere Jahre zieht, steht das Bauvorhaben noch in der Anfangsphase. Es gibt bislang nur einen Standort, eine grobe Kostenschätzung. Unbekannt ist hingegen, wie das Konferenzzetrum überhaupt in seiner endgültigen Gestaltung aussehen wird und was es dann tatsächlich kostet – mehr Klarheit werden hier wohl erst die Ergebnisse des Architekten-Wettbewerbs bringen.
Sicher ist hingegen schon jetzt: In jedem Fall wird der weitere Projektverlauf zunächst einmal hohe Investitionskosten bringen. Aktuell rechnet die Stadtverwaltung mit etwa 65 Millionen Euro für den Neubau und drei Millionen Euro an jährlichem Betriebskostenzuschuss. Ob das ausreichen wird?
Möglich ist es, eine Garantie gibt es keine. Die Baukosten in Deutschland sind über die vergangenen Jahren dramatisch gestiegen – je länger es also bis zur Verwirklichung dauern wird, desto höher werden die Kosten ausfallen. Bei den meisten Projekten dieser Größenordnung, muss erfahrungsgemäß im Nachhinein draufgezahlt werden.
Finanzielle Belastung könnte lohnenswert sein
65 Millionen Euro sind schon heute eine Hausnummer. Klar ist: Jede Stadt braucht Investitionen, um langfristig attraktiv und konkurrenzfähig zu bleiben. Dass man dafür unbedingt ein Konferenzzetrum braucht, ist diskutabel.
Dass es mit einem gelungenen Konzept eine lohnenswerte Investition in die Zukunft sein könnte, sollte hingegen ebenso wenig ausgeschlossen werden, bevor überhaupt ein konkreter Entwurf vorliegt.