Mannheim, 27. November 2015. (red/cr) Aktualisiert. Am Donnerstagabend wurde zusammen mit der neuen Ausstellung “Spur und Geste: Graphik des Informel” die Soundinstallation “Mannheim Chair” in der Alten Bibliothek der Kunsthalle eröffnet. Die Soundinstallation von Michaela Melián entführt den Hörer in sieben poetischen Erzählungen in die Geschichte der Kunsthalle. Historische Dokumente, Briefwechsel zwischen Direktoren und Künstlern, Bildbeschreibungen und Zeitzeugenberichte bringen verschüttete Namen ans Tageslicht, spüren Verschwundenem nach und erwecken vergessene Geschichten wieder zum Leben.
Von Christin Rudolph
Sowohl das Bankhaus Metzler in Frankfurt am Main selbst als auch die Geschichte seiner finanziellen Unterstützung für die Kunsthalle sind traditionsreich. Diesmal jedoch liegt ein besonderer Fall vor, denn das Bankhaus hat ein eigens für die Kunsthalle erstelltes Werk finanziert.
Es sollte etwas Permanentes sein. So entschied sich die Kunsthalle für eine Soundinstallation. Die Ausführung überließ sie Michaela Melián.
Verbindung von Musik, Wort und Geschichte
Die transmediale Konzeptkünsterlin und Musikerin Michaela Melián wurde 1956 in München geboren. 1980 mitbegründete sie dort die Avantgarde-Band F.S.K. (“Freiwillige Selbstkontrolle”). Seit 2010 ist sie Professorin für zeitbezogene Medien an der Hochschule für bildende Künste (HfbK) in Hamburg. International bekannt wurde sie mit ihren Hörspielen.
Der Ausgangspunkt für die Kunsthalle Mannheim, Michaela Melián ein Werk in Auftrag zu geben, waren ihre mehrfach ausgezeichneten „Memory Loops – 300 Tonspuren zu Orten des NS-Terrors in München 1933–1945“. In diesen Soundcollagen kommen Zeitzeugen, Opfer und Täter des NS-Regimes zu Wort. Von dieser Verbindung von Musik, Wort und Historie sei man sehr beeindruckt gewesen, so die Direktorin der Kunsthalle Dr. Ulrike Lorenz.
Über 1,5 Stunden Geschichte(n)
Für die Kunsthalle recherchierte sie eineinhalb Jahre in Zusammenarbeit mit einem wissenschaftlichen Team im Archiv der Kunsthalle. Das Ergebnis, “Mannheim Chair”, sind sieben poetische Erzählungen, die dramatische und absurde Szenen der über 100-jährigen Geschichte des Kunsthalle zum Leben erwecken. Historische Dokumente, Briefwechsel zwischen Direktoren und Künstlern, Werkinterpretationen und Zeitzeugenberichte stellen verlorenen Werke, vergessene Geschichten und verdrängte Künstlernamen in den Fokus.
Präsentiert wird die Soundinstallation in “Hörsesseln” – von der Künstlerin designte Sessel, die von der Decke der Alten Bibliothek hängen. So kann der Hörer, während er Geschichte(n) lauscht, durch die Fenster den wachsenden Neubau betrachten. Denn “Zukunft braucht Herkunft.”
“Mannheim Chair” vorerst ohne “Chair”
Die namensgebenden drei Hörsessel können vorerst noch nicht benutzt werden, um sich die mehr als eineinhalb Stunden des Werks anzuhören. Dr. Lorenz bedauert das und berichtet, in allerletzter Sekunde habe die Künstlerin sich entschlossen, noch Änderungen vorzunehmen.
Wir wollten nichts Halbgares hinhängen.
Daher wird die beauftragte Mannheimer Firma die Hörsessel erst im Januar liefern können. Bis Anfang 2017 soll “Mannheim Chair” in der Alten Bibliothek der Kunsthalle erklingen.
Künstlerin gibt Auskunft
Dann kann man ein bisschen hin- und herschwingen, den Ort verlieren. Eine Bewegung, passend zu den Geschichten über Dinge, die man nicht sehen kann, nichts Feststehendes.