Weinheim, 25. Januar 2012 (red) Sage und schreibe über einhundert Rittermahle hat es schon auf der Burgruine Windeck gegeben. Bislang verborgen vor der Öffentlichkeit und geheimen Zirkeln vorbehalten – beispielsweise Vereinen und Firmenbelegschaften. Am 20. Januar 2012 fand erstmals ein öffentliches Rittermahl statt. Wie zu Ritters Zeiten wurde auf der Burgruine Windeck gefeiert. “Spielmann” Wernher Brummbald und “Truchsess” Alexander Glosauer vom Drachenvolk e.V. führten durch einen leckeren und besonderen Abend.
Von Jörg Theobald
Dunkel und durchdringend tönt das Horn durch den Saal. Es tönt und tönt und tönt, geradeso, als wolle dem Truchsess die Luft niemals ausgehen. Letztlich setzt er das Horn doch ab. Die Stille danach ist: beeindruckend.
Was passiert jetzt? Die Tafelrunde wartet gespannt.
Von Salzbewahrern und anderen Ämtern
Der Truchsess, alias Alexander Glosauer, führt die Anwesenden in die Regularien des Abends ein. Der Truchsess ist ursprünglich die Bezeichnung für den Vorsteher der Hofhaltung und den obersten Aufseher über die fürstliche Tafel.
Bevor das Festmahl beginnt, werden zunächst ein paar wichtige Ämter vergeben.
So zum Beispiel das Amt des Salzbewahrers, in dessen Verantwortung es liegt, dass von dem dazumalst kostbaren Gewürz nichts verschwendet wird.
Damit einher gehen die ersten Regeln. So beginnt das Festmahl erst, nachdem der Hausherr den ersten Gang mit etwas Salz gewürzt hat.
Wichtig ist auch, wann immer Hausherrin oder Hausherr Erwähnung finden, hat der gesamte Saal in Jubel auszubrechen.
Denjenigen, die das nicht verstanden haben, droht zur Unterhaltung der restlichen Gäste die Hinrichtung. (Anmerkung der Redaktion: Alle Gäste waren klug und haben überlebt.)
Mit Abstand das höchste Amt ist das des Seneschalls. Er dient Hausherrin und Hausherr als Vorkoster. Diese Ehre ist meist einem engen Vertrauten des Hausherrn vorbehalten.
Da der erste Seneschall bereits häufig während dem Mahl verstab, möge der hohe Hausherr noch einen zweiten Seneschall ernennen.
Minnesänger und Körperdouble
Als Minnesänger wird einstimmig das jüngste Mitglied der Gesellschaft auserkoren. Ihm obliegt es, einer für ihn unerreichbaren Dame von hohem Stand im Laufe des Abends ein Lied oder ein Gedicht vorzubringen. Sollte der Minnesänger bei der Dame seines Herzens jedoch keine Beachtung finden, droht ihm der Tod im Kampf.
Da es doch eine Vergeudung von jungem Leben wäre, darf der Minnesänger ein Körperdouble benennen.
Nun, der junge Herr ist ja 18 Jahre alt oder darüber. Dann hat er ohnehin das Meiste seines Lebens hinter sich.
Damit das Mahl auch gesittet verläuft, gab es auch ein paar Tischregeln zu befolgen. So sei hoffentlich jeder in frischer Kleidung zum Mahl erschienen.
Unhöflich ist es zudem, sich offensichtlich zu kratzen oder Flöhe am Tisch zu knacken.
Und, sehr kurios:
Sollte man sich die Nase schnäuzen wollen, so verwende man nicht das feine Linnen des Tischtuchs. Dazu nutzt man den Ärmel seines Gewandes.
Besonders schicklich für Herren ist es auch, den Damen den Ärmel des eigenen Gewandes zur Verfügung zu stellen.
Auch gilt es, vorhandene Knochen nicht einfach von sich zu schleudern und keinerlei Zwistigkeiten zu beginnen.
Seid gegrüßt, Volk zu Weinheim!
Kaum sind die Worte des Truchsess verklungen, tönt ein lautes Klopfen an der Tür. Herein kommt ein bunt gekleideter Spielmann.
Seid gegrüßt, Volk zu Weinheim. Seid ihr gewillt, einem einzelnen Spielmann Unterkunft zu gewähren?
Im Tausch begleitet “Wernher Brummbald”, wie sich der Spielmann vorstellt, das Gelage mit feinster Musik auf diversen Instrumenten.
Während die ersten Töne einer lieblichen Flötenmelodie den Raum erfüllen, kredenzen die Bediensteten die “Erdäpfelsuppe” in den golden erleuchteten Raum.
Der Seneschall wird natürlich, so wie auch bei jedem weiteren Gang als erstes versorgt. Nur um sicher zu gehen, wartet man an der Tafel, ob der auch nicht “rot anläuft oder vornüber in den Teller kippt”.
Während die vorzügliche Suppe gekostet wird (Anmerkung der Redaktion: Die Gesichtfarbe des Seneschall ist rosig gesund.), schildert der Truchsess die Geschichte der Burg. Dabei macht er auch einen Ausflug zur Geschichte des Biers, schließlich gäbe es “ohne Bier kein Mittelalter”.
Zum einen war das Bierbrauen einer der wenigen Wege, Trinkwasser bekömmlich zu machen, zum anderen galt laut alter germanischer Tradition:
Das Besäufnis ist ein Weg mit den Göttern zu sprechen.
Es sei “ein heiliger Akt”. Für Wernher Brummbald ist es das, sehr zur Erheiterung der Gäste, laut eigener Aussage auch heute noch.
Feinster Bratenduft durchströmt den Rittersaal
Ein gar köstlicher Duft liegt plötzlich im Raum. Man kann “den Braten förmlich riechen”, noch bevor zwei Köche den 17,5 Kilogramm schweren Truthahn auf die Theke wuchten.
Die Speisekarte Frisches Brot mit Gruibenschmalz *** *** Riesenputer nach Burgherrenart Rheinsalm im Weinsud *** *** *** |
Über sieben Stunden wurde das Federvieh bei 60 Grad gegart. Und das schmeckt man auch.
Das Fleisch ist so zart und saftig, dass es einem förmlich auf der Zunge zerschmilzt. Insgesamt 150 Klöße und jede Menge Rotkraut gibt es dazu.
Danach folgt der große Auftritt des Minnesängers. Traditionell in Kettenhemd und bewaffnet mit einem Schwert, trug er der Dame seiner Wahl ein kurzes Gedicht vor.
Anschließend folgt eine Vorführung mittelalterlicher Waffen durch den “Truchsess” Glosauer.
Detailliert geht er auf die historischen Hintergründe und die Anwendung einer Vielzahl an Waffen ein.
Das Körperdouble des Minnesängers dient dabei mehr als einmal als “Anschauungsobjekt” für den fachgerechten Einsatz der Waffen. (Anmerkung der Redaktion: Auch er hat überlebt.)
Die Begeisterung bei den Gästen war fast schon greifbar, die Stimmung ausgelassen.
Für gut viereinhalb Stunden kamen die 41 edlen Damen und Rittersleut’ in den Genuß von handgemachter Musik, deftig-herrlichen Speisen, süffigen Getränken und einer sehr besonderen Atmosphäre, die bislang in geheimen Kreisen stattfand und sicherlich noch lange Zeit ein Geheimtipp bleiben wird.
Denn die Plätze sind begrenzt. Und sie waren innerhalb kürzester Zeit ausgebucht.
Veranstalter:
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