Mannheim, 23. Januar 2014. (red/ld) Seit Anfang des Jahres gibt es in Mannheim das sogenannte Haus des Jugendrechts. Polizei, Staatsanwaltschaft und die Jugendgerichtshilfe arbeiten dort zusammen, um Strafverfahren von Jugendlichen schneller bearbeiten und ahnden können. Bestrafung sei dabei nicht das oberste Ziel der Maßnahmen. Stattdessen sollen kriminelle Karrieren von Jugendlichen verhindert werden.
Von Lydia Dartsch
Schwarzfahren mit der Straßenbahn und Körperverletzung bei einer Kerwe-Schlägerei: Beides sind Straftaten, die von Polizei und Staatsanwaltschaft bearbeitet werden. Wenn sie von Jugendlichen begangen werden, wird zudem die Jugendgerichtshilfe in das Verfahren mit einbezogen.
Je nach Straftat dauert es einige Wochen oder sogar Monate bis das Verfahren abgeschlossen ist und der Täter bestraft wird. Um nachhaltig Kriminalität vorzubeugen, dauere dies zu lange, sagen Staatsanwaltschaft und Jugendamt. Durch das Haus des Jugendrechts sollen die Verfahren verkürzt werden.
Die Zusammenarbeit besteht bereits seit 2011. Seit dem 01. Januar diesen Jahres arbeiten die drei Behörden im neu gegründeten Haus des Jugendrechts jetzt auch räumlich eng zusammen. Nach der Anzeige einer Straftat erfolge die Abstimmung des weiteren Vorgehens zwischen allen beteiligten Institutionen. Die Jugendhilfe im Strafverfahren kann dadurch zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt und abgestimmt tätig werden, teilt die Stadt Mannheim auf Anfrage mit.
Schnelle Konsequenzen gegen kriminelle Karrieren
Durch diese Vorgehensweise sollen die Verfahren verkürzt werden und die Delinquenten schnell eine Reaktion auf ihre Vergehen erfahren:”Gerade bei Jugendlichen ist dies besonders wichtig”, sagt Oberstaatsanwalt Alexander Herrgen, der als stellvertretender Leiter der Staatsanwaltschaft Mannheim an der Einrichtung des Hauses des Jugendrechts mitgewirkt hatte.
Die Idee: Je mehr Zeit zwischen Tat und Strafe verstreicht, desto weniger können Jugendliche mit der Strafe anfangen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie wieder straffällig werden, steigt und kriminelle Karrieren können beginnen, sagt Manfred Krusch vom Jugendamt. Dieser Vorgang soll durch die schnellere Reaktion unterbrochen werden: “Die Jugendlichen erfahren sofort, dass ihre Tat mit Konsequenzen verbunden ist”, sagt Staatsanwalt Herrgen.
Vorbild Ludwigshafen: Verfahrenszeiten ein Drittel kürzer
Je nach Tat würden die Verfahren nicht zwingend vor dem Richter enden. Alternativen seien auch Arbeitsstunden, Drogenberatungen und Elterngespräche. Manchmal gebe jugendliche Straffälligkeit auch Hinweise darauf, dass die Familie Hilfe bei der Erziehung braucht. Solche Hilfsmaßnahmen könnte dann das Jugendamt schnell einleiten und so weitere Straftaten verhindern, erklärt Herr Herrgen.
In anderen Häusern des Jugendrechts hat dies bereits Wirkung gezeigt. Beispielsweise in Ludwigshafen, wo es seit knapp zehn Jahren ein Haus des Jugendrechts gibt. Dort wird es “JuReLu” genannt. Die Verfahrenslaufzeiten seien im Schnitt um ein Drittel verkürzt worden, sagt der Staatsanwalt im Haus des Jugendrechts, Benjamin Mais, von der Staatsanwaltschaft Frankenthal. Die kürzeren Verfahren würden von den beteiligten Kooperationspartnern sehr gut aufgefasst, sagt er.
“Es muss etwas gebracht haben”
Sind durch die Kooperation die Jugendkriminalität und die Rückfallquote jugendlicher Straftäter zurückgegangen? Es sei schwierig, das eindeutig zu beziffern, sagte Herr Mais. Die Kriminalitätsrate verliefe über die Zeit in Wellenbewegungen, die von vielen verschiedenen Faktoren abhängig ist, sagt er.
Trotzdem ist er sich sicher, dass das JuReLu einen positiven Effekt gehabt haben muss: “Die Straftaten im Bereich der Jugendkriminalität sind stärker zurückgegangen, als man durch Faktoren wie Geburtenrückgang oder Anzeigebereitschaft erklären kann.”
Arbeitsgruppe besteht schon seit 2011
Vor rund vier Jahren begann das Projekt auch in Mannheim. Die baden-württembergische Landesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag von 2011–2016 für eine Ausweitung solcher Einrichtungen auf mehrere Städte in Baden-Württemberg ausgesprochen, teilt die Stadt Mannheim auf Anfrage mit.
Nach einer Initiative von Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz im Juli 2011 und einer positiven Reaktion des Justizministeriums Baden-Württemberg hierauf sei ab September 2011 eine behördenübergreifende Arbeitsgruppe „Haus des Jugendrechts“ in Mannheim eingerichtet worden.
“Persönliche Kontakte untereinander sind wichtig”
Das JuReLu und die Häuser des Jugendrechts unter anderem in Stuttgart, Trier und Frankfurt am Main dienten der Mannheimer Einrichtung als Vorbild, teilt uns die Stadt Mannheim mit. Je nach Stadt seien die Häuser anders eingerichtet, sagt Herr Krusch.
“Für Mannheim haben wir uns die Best Practice Beispiele ausgesucht”, sagt er. Beispielsweise seien die Einrichtungen in Frankfurt und Stuttgart nur für bestimmte Stadtviertel zuständig. “Das hat uns nicht so gefallen”, sagt er. Deshalb erstreckt sich die Zuständigkeit des Mannheimer Haus des Jugendrechts auf das gesamte Stadtgebiet.
“Ein Schritt nach vorne”
Straftaten, die von Heranwachsenden – also im Alter zwischen 18 und 21 Jahren – verübt werden, fallen nicht in die Zuständigkeit des Mannheimer Hauses. “Dafür reichen unsere personellen Kapazitäten nicht aus”, sagt Herr Krusch. Dafür hätte man mehr Polizeibeamte gebraucht, sagt er.
Doch auch so sei die Zusammenarbeit der drei Institutionen in einem Haus ein Schritt nach vorne. Beispielsweise seien die persönlichen Kontakte untereinander und die kurzen Wege wichtig, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
Noch seien die drei Kooperationspartner dabei, ins Haus des Jugendrechts in der Heinrich-Lanz-Straße 38 einzuziehen, sagt Herr Krusch. Er rechnet damit, dass bis Ende Januar alles fertig eingerichtet sein wird. Im März ist die offizielle Eröffnung geplant. Doch schon jetzt läuft die Arbeit weiter.