Ludwigshafen/Hirschberg/Rhein-Neckar, 22. Oktober 2013. Vergangenen Samstag trafen in der Ludwigshafener Friedrich-Ebert-Halle in der 2. Handballbundesliga im Rhein-Neckar-Derby die TSG Friesenheim und die SG Leutershausen aufeinander. Es wurde der erwartet klare Sieg für die Pfälzer, die um den Aufstieg spielen und gegen ersatzgeschwächte Leutershausener nie Probleme hatten. Den Großteil der ersten Halbzeit war der Leutershausener Angriff nicht bundesligatauglich. Insofern war die SG Leuterhausen mit dem 19:29 in fremder Halle noch gut bedient.
Von Ziad-Emanuel Farag
Die TSG Friesenheim und die SG Leuterhausen könnten beide in einer anderen Liga spielen. Die Ludwigshafener spielen in einer zwar kleinen, aber sehr stimmungsvollen Halle, haben professionelle Vereinsmusik und Merchandising, besitzen eine erfahrene und breit aufgestellte Mannschaft und zudem gibt sogar eine eigene TSG-Friesenheim Sparkassenkarte. Vor zwei Jahren spielten die Eulen sogar noch in der ersten Bundesliga, wohin sie auch schnell wieder zurückkehren wollen. Nach einem Fehlstart mit zwei Niederlagen in Folge gewann die TSG Friesenheim vor dem Derby die letzten drei Spiele hintereinander.
Die SG Leutershausen wäre letzte Saison eigentlich sportlich abgestiegen, konnte die Klasse jedoch wegen der Insolvenz eines Konkurrenten halten und weil nicht alle Vereine aus den dritten Ligen ihr Aufstiegsrecht wahrnahmen. Auch die SG Leutershausen hat einen Fehlstart hingelegt, der aber im Unterschied zum Nachbarn zur anhaltenden Krise wurde: Bereits nach fünf Spielen warf nach einer deutlichen Heimniederlage mit 24:30 gegen den Konkurrenten um den Klassenerhalt EHV Aue Trainer Holger Löhr das Handtuch. Seine Bilanz: Ein Sieg und vier Niederlagen. Seitdem trainiert Marc Nagel die Leutershausener und konnte von zwei Spielen immerhin eines gewinnen. Aber auch hier war die Angelegenheit sehr knapp: Man bezwang lediglich 27:24 den Aufsteiger DJK Rimpar – vor eigenem Publikum. Zur Halbzeit lag man sogar mit 9:10 hinten.
Die SG Leutershausen beginnt noch schwächer als befürchtet
Normalerweise erzielt eine gute Handballmannschaft in 60 Minuten circa 25 bis 35 Tore. Wenn man sich diese Zahlen vor Augen führt, wird klar, wie erschreckend schwach der Leutershausener Angriff in der Anfangsphase war: 3 Tore in den ersten 21 Minuten sind in der 2. Bundesliga einfach viel zu wenig. Man merkte der Mannschaft an, dass Leistungsträger verletzt waren oder aus anderen Gründen fehlten und auch der Trainerwechsel noch keine Stabilität brachte. Die TSG Friesenheim hatte in ihrem Spielmacher Andrej Kogut, in Torwart Kevin Klier, der sein Tor vernagelte und dem Halblinken Stefan Lex seine besten Akteure. In der Abwehr führte der erfahrene Gunnar Dietrich fantastische Regie.
Doch auch die Eulen starteten nervös. Im Angriff wollte in den ersten zwei Minuten kein Tor fallen, entweder man vertändelte vorne den Ball oder die Torhüter parierten leicht den Ball, so wie Alexander Hübe zu Beginn gegen Andrej Kogut. So fiel das erste Tor nach einem Konter: Die Pfälzer eroberten den Ball in der Abwehr, spielten den Ball mit einer schönen Passstaffette schnell nach vorne, die Stefan Lex zielsicher zum 1:0 für die Eulen verwertete. Danach gaben die Eulen ihre Führung nicht mehr ab: Die Chance zum 1:1 vergab zum Beispiel Kreisläufer Kai Dippe für die SG Leutershausen freistehend gegen den Eulentorwart Kevin Klier, der sich an dem Tag groß wie ein Hüne und mit der Geschmeidigkeit und den Reaktionsgeschwindigkeit eines Leoparden als unüberwindbar erwies.
Friesenheim setzt sich sogar in Unterzahl weiter ab
So stand es nach neun Minuten 5:2 für die Ludwigshafener. Doch dann bot sich für die Gäste von der Bergstraße die große Chance, aufzuholen: Der Friesenheimer Kreisläufer Erik Schmidt erhielt seine erste Zeitstrafe. Hier hätten die Teufel, deren Maskottchen sogar mitgereist war, aufholen müssen, um den Gastgeber in Bedrängnis zu bringen. Doch selbst in Überzahl schafften es die Hirschberger nicht, Torwart Kevin Klier und seine Abwehr zu überwinden. Dabei waren nicht immer Glanzparaden vonnöten, es fehlten einfach die Mittel, so wie bei Marcel Engels der aus 10 Metern einen Wurf aus dem Stand direkt auf Kevin Klier ohne jede Torgefahr warf.
Auf der anderen Seite machte es Andrej Kogut besser: Als die SG Leutershausen den Eulen im Duell Mann gegen Mann keinen Freiraum bot, verwandelte er mit seiner ganzen Routine zwei pfeilschnelle Stemmwurfe zum 7:2 und ließ dem Alexander Hübe im Tor keine Chance. Mit diesen beiden scheinbar einfach Toren brachte er seine Mannschaft nach zwölf Minuten endgültig auf die Siegerstraße. In solchen Situationen zeigt sich die ganze Klasse des 25-jährigen Juniorenweltmeisters Andrej Kogut, der mit Übersicht und Erstligaerfahrung auch ohne großen physischen Aufwand die Weichen auf Sieg stellt. In den nächsten neun Minuten konnte sich so die TSG Friesenheim auf das besagte 10:3 absetzen. Die defensive Abwehr der Leutershausener, in der alle Spieler auf sechs Meter zurückgezogen agierten, bekam ihn das ganze Spiel über nicht in den Griff. Eine Manndeckung kam für Trainer Marc Nagel nur bei Überzahlsituationen in Betracht:
Die Abwehr war heute gut, das Problem war eher die Abschlussschwäche.
29 Gegentore sind im Handball jedoch keine starke Abwehrleistung. Man merkte dem Trainer im Gespräch an, wie sehr ihn die Drucksituation mitnimmt. Mit der Abschlusschwäche hatte er jedoch zweiffellos recht.
Schiedsrichter pfeifen sehr einseitig
Innerhalb von zwei Minuten konnten die Leutershausener aus einer sicheren Abwehr ihre Torausbeute durch Treffer in Überzahl verdoppeln. Nach 22 Minuten erhielt Erik Schmidt seine zweite Zeitstrafe. Am Ende des Spiels erhielt er nach einer sehr zweifelhaften Schiedsrichterentscheidung sogar seine dritte Zeitstrafe und die damit verbundene rote Karte. Die Schiedsrichter hatten das Spiel nicht im Griff und pfiffen zu kleinlich und kamen ob der Zeitstrafenflut ins Schlingern: Neun Zeitstrafen für Friesenheim standen nur drei für Leutershausen. Man merkte ihnen an, dass sie versuchten, ihrer Linie treu zu bleiben, gleichzeitig aber nicht zu viele Strafen auf zugleich wollten. Das ging schief. Andrej Kogut zeigte sich aber als fairer Sportsmann:
Was soll ich denn über die Schiedsrichter sagen, wenn wir gewinnen? Die beiden haben ganz konsequent ihre Linie gepfiffen, die Leistung war in Ordnung.
Leutershausen wacht auf – Niklas Ruß macht die Aufholjagd zunichte
Pascal Durak trifft nach 22 Minuten für die SG Leutershausen sicher einen 7-Meter. Danach begeht der Friesenheimer Stephan Just im Rückraum ein Stürmerfoul. Den anschließenden Konter verwandelt Benjamin Prestel sicher zum 10:5. Andrej Kogut trifft anschließend wieder aus dem Stand, als aus der Bewegung die Friesenheimer gegen die Hirschberger Abwehr sich keine Raumvorteile erspielen konnten zum 11:5. Benjamin Prestel wird anschließend auf Rechtsaußen von seinen Mitspielern wunderbar freigespielt und verwandelt sicher zum 11:6. Auf einmal waren die Teufel wieder im Spiel – so schnell kann es im Handball gehen. Das war die große Chance für die SG Leutershausen aufzuholen. Doch es kam anders: Stefan Lex erzielt nachdem er im schönen Bogen von der rechten Seite in die Mitte zog, das 12:6. Philipp Schulz feuerte einen starken Wurf aus zehn Metern flach auf das Eulentor – doch Kevin Klier parierte das Geschoss mit Leichtigkeit. Direkt darauf tritt Stephan Just aus dem linken Rückraum zum 13:6 aus 8 Metern nach 25 Minuten. Danach erhielt der Pfälzer Abwehrchef Dietrich Gunnar eine Zeitstrafe wegen Trikotziehens.
In dieser Phase hätte die SG Leutershausen weiter aufholen können, doch die Mannschaft scheiterte an der Nervenschwäche von Linksaußen Niklas Ruß. Zweimal wurde er schön freigespielt, Torwart Kevin Klier war überwunden, doch einmal übertrat er den Wurfkreis und einmal traf er nur das Lattenkreuz. So erzielte erst Jan Forstbauer das 13:7 für die SG Leutershausen nach 28 Minuten. Den letzten Treffer vor der Pause. Wie wäre der Rest derersten Halbzeit verlaufen, wenn es da schon 13:9 gestanden hätte und die SG Leutershausen mit diesem Schwung auf 13:10 herangekommen wäre? Man weiß es nicht.
Die zweite Chance zur Aufholjagd verstreicht auch
Nach zehn Minuten in der zweiten Hälfte steht es durch den Treffer von Kreisläufer Erik Schmidt bereits 20:12 für die TSG Friesenheim. Doch die inzwischen wacker kämpfende SG Leutershausen steckt nicht auf – trotz eines erneut zunächst schwachen Angriffspiels. Ein Wurf aus dem Leutershausener Rückraum wird geblockt, aber Hannes Volk kann am Kreis zum 20:13 abstauben. Den nächsten Eulenangriff übersteht die SG Leutershausen unbeschadet, Hannes Volk wird am Kreis erneut angespielt und erzielt das 20:14. Darauf verwirft der Friesenheimer Philipp Grimm aus dem linken Rückraum überhastet einen Wurf aus 11 Metern und Leutershausen erzielt durch einen Konter von Jan Forstbauer das 20:15. Anschließend nahm Eulen-Trainer Thomas König die dringende Auszeigt. Ohne Wirkung: Philipp Grimm verwirft einen 7-Meter. Die SG Leutershausen könnten nun wieder aufholen und auf vier Tore herankommen.
Der inzwischen eingewechselte Sebastian Ullrich hält einen starken Friesenheimer Wurf aus dem Rückraum. Der Leuterhausener Spielmacher Jochen Geppert wirft daraufhin flach mit voller Wucht ins Eck – Kevin Klier pariert aber auch diesen Ball für die Eulen mit dem Fuß. Kurz darauf macht Philipp Grimm seine Fehlwürfe wieder gut: Er erzielt nach 45 Minuten aus spitzem Winkel von Rechtsaußen mit einem schönen Heber das 21:15. Daraufhin erhält zwar Andrej Kogut zwei Minuten später eine Zeitstrafe und Leutershausen kurz darauf einen 7-Meter. Doch der 7-Meter wird von Kevin Klier gehalten und in dieser Zeitstrafe kann sich die TSG Friesenheim auf 23:16 nach 49 Minuten absetzen. Das Spiel war entschieden, der Rest war bloße Formsache. Endergebnis 29:19.
Es spielt für die TSG Friesenheim im Tor: Kevin Klier, Maximilian Bender. Im Feld: Christopher Klee, Philipp Grimm (4 Tore), Andrej Kogut (8 Tore), Dominik Klaus (1 Tor), Dietrich Gunnar (2 Tore), Stefan Lex (5 Tore), Stephan Just (3 Tore), Robin Unger (1 Tor), Erik Schmidt (3 Tore), Felix Kossler (2 Tore)
Für die SG Leutershausen spielten im Tor: Alexander Hübe, Sebastian Ullrich, Manuel Frietsch, Rico Wilde, Jan Forstbauer (2), Niklas Ruß (3), Benjamin Prestel (1), Hannes Volk (4), Pascal Durak (3), Jochen Geppert (3), Kai Dippe (2), Marcel Engels, Philipp Schulz (1)
Die Friesenheimer spielen am Mittwoch im Pokal gegen den Tabellenzweiten der 1. Liga Füchse Berlin und am Samstag gegen den Tabellenführer der zweiten Liga SG Bietigheim auswärts. Die SG Leutershausen spielt in der Liga gegen den Tabellenvorletzten HG Saarlouis am 06. November auswärts. Bereits am kommenden Mittwoch kann man sich im Pokal hierfür zuhause gegen denselben Gegner Selbstvertrauen und wertvolle Einnahmen holen. Anwurf ist um 20 Uhr in der Heinrich-Beck-Sporthalle um 20 Uhr. Hier müssen dringend zwei Siege her.