Rhein-Neckar, 21. März 2016. (sat/hs) Während Berlin jubelt, geht im Südwesten die Existenzangst um. Tausende Arbeitsplätze sind gefährdet, erste Entlassungswellen laufen bereits. Die Verlagerung der Asylindustrie ins Ausland gefährdet massiv Arbeitsplätze und sorgt für einen bedenklichen ökonomischen Schaden.
Von Helle Sema
Das ist eine absolute Schweinerei – wir haben investiert und uns auf eine weitere Million Flüchtlinge eingerichtet und jetzt sind es gerade mal ein paar Zehntausend.
Entlassungswelle in zwei Monaten?
Mustafa Erogül kocht. Innerhalb von zwei Jahren ist sein Unternehmen zu einem mittelständischen Betrieb gewachsen. Beschäftigte er zunächst vor allem Familienmitglieder und Freunde in Teilzeit, sind es aktuell rund 5.000 Mitarbeiter. Die WBG Dienstleistungs GmbH & Co. KG im nordbadischen Laudenburg ist mittlerweile der größte Gewerbesteuerzahler vor Ort. “Wir bewachen gut”-Chef Erogül sagt: “Entweder, die Grenzen gehen wieder auf oder in zwei Monaten muss ich gut die Hälfte meiner Mitarbeiter entlassen.”
Auch Hans Brettschneider, Prokurist der MAG (Matrazen AG) aus Rottweil fürchtet um die Existenz seines Unternehmens: “Als die Kanzlerin sagte, “Wir schaffen das”, habe ich das wörtlich genommen. Aktuell sind 263.000 Matrazen nach Deutschland unterwegs. Wir haben weltweit fertigen lassen. Ich habe alle Planzahlen erfüllt – und jetzt das. Wir hätten ja auch in die Türkei verkauft, aber der Herr Erdogan hat den Auftrag an einen Cousin von ihm vergeben.” Die MAG prüft nun eine Klage gegen die Bundesregierung.
Kurzarbeit bei Bettenbauer
“Wir haben auf Kurzarbeit umgestellt”, sagt Johann Gschdell aus dem Bayrischen Kreuth. Auch sein Betrieb profitierte enorm vom Flüchtlingsandrang. “Wir haben Deutschland die Treue gehalten und im Akkord Feldbetten und Stockbetten produziert. Beste deutsche Qualität zu vernünftigen Preisen. Jetzt platzen uns die Lager und keiner, der uns vorher zugerufen hat, “Wir brauchen mehr”, will sich jetzt erinnern können.”
400.000 Asylarbeitsplätze bedroht
Der Bundesverband der Asylwirtschaft (BdAW) fürchtet, dass deutschlandweit bis zu 400.000 Arbeitsplätze in diesem Jahr verloren gehen: “Die Flüchtlingsbetreuung ist ein personalintensives Geschäft. Wachdienste, Caterer, Handwerker, Sozialarbeiter – alle diese Branchen machen sich allergrößte Sorgen, wie es weitergehen soll.”
Immerhin geht es um sechs Milliarden Euro, die nun nicht mehr in den deutschen Wirtschaftskreislauf flößen, sondern direkt in die Türkei: “Seit Wochen reden wir auf die Lügenpresse ein”, sagt BdAW-Vorstand Fürchtegott Elmerk. “Aber wir waren ja nur die angeblichen Profiteure, tatsächlich sind wir die größten Verlierer.”
Natodraht, Schlauchboote, Zelte boomen
Unterdessen gibt es auch Branchen, die steigende Umsätze verbuchen. Die Orderbücher der Produzenten von Nato-Draht sowie Zelthersteller und Feldküchen-Produzenten sind voll: “Wir sind auf drei Jahre ausgebucht”, sagt Herbert Tona aus Dortmund. Seine Firma Eisenwalz GmbH ist ein Traditionsunternehmen: “Wir machen alles, was mit Stahl zu tun hat.”
Wie immer, ist des einen Schaden des anderen Vorteil. So vermelden Schlauchboot-Hersteller seit zwei Wochen verstärkte Anfragen: “Gefragt sind Modelle ab 30 Personen, besser 50-80 mit verstärktem Kiel und passender Motorisierung”, sagt der Geschäftsführer eines norddeutschen Unternehmens auf Anfrage, der aber nicht genannt werden will: “Wir befürchten Anschläge durch Linksautonome, die von der Killerboot-Industrie sprechen. Das ist absurd. Wir bauen Boote, nicht mehr, nicht weniger. Für Missbrauch sind wir nicht verantwortlich.”
Antragsstau bei Arbeitsagentur?
Unterdessen boomt die Touristikbranche an der Atlantikküste, Nordsee und Ostsee. Auf Anfrage teilen verschiedene Dienstleister mit, dass Urlauber zwar lieber im Süden am Strand liegen würden, aber man wisse ja nicht, ob da Flüchtlinge angespült würden. Im Norden sei dies bislang noch nie der Fall gewesen.
Die Arbeitsagentur wollte nach Darstellung der Nachrichtenagentur Postillon keine Stellung nehmen, ob man auf die zusätzliche Bearbeitung der Arbeitslosenanträge vorbereitet sei. “Und wenn nicht, gibts ja genug günstigen Wohnraum, der aktuell leer steht”, meint ein Mitarbeiter gehässig. Er wollte nicht genannt werden.
Und auch rein menschlich wird der Asyl-Pakt als “bedenklich” gewertet. Gert Quellwasser, Sprecher der nordbadischen Flüchtlingsinitiativen sagte auf Anfrage: “Das ist eine Katastrophe. Unsere Mitglieder waren so glücklich, willkommen heißen zu können. Endlich wieder Sinn zu spüren – das wird uns jetzt genommen. Einfach so. Und außerdem hatten wir gerade ein Vereinsheim “Schön, Dich zu treffen” geplant – die Pläne können wir jetzt in die Tonne werfen.”
Anm. d. Red.: Unser Mitarbeiter Helle Sema ist mit Spezial-Aufgaben betreut. Er bearbeitet ganz überwiegend investierte Recherchen und Over-Cover-Aufträge – seine Stories sind so abenteuerlich, dass viele sie für Satire halten, weil sie so unglaublich klingen.