Weinheim, 16. Januar 2015 (red/ld/ek) In zwei Jahren soll das GRN-Betreuungszentrum an die GRN-Klinik umziehen. Auf dem jetzigen Areal werden dann 47.000 Quadratmeter frei. Diese sollen im Zuge des Sanierungsgebiets “Westlich Hauptbahnhof” neu bebaut werden. Am Mittwoch beschloss der Gemeinderat das weitere Vorgehen und die Fortführung der direkten Beteiligung der Öffentlichkeit nach der Planungsphase.
Von Lydia Dartsch und Enrico Kober
Bereits im März 2014 beschloss der Weinheimer Gemeinderat das Areal „Westlich Hauptbahnhof“ als Sanierungsgebiet auszuweisen. Teil dieses Sanierungsgebietes ist die Nachnutzung des Areals des GRN-Betreuungszentrums an der Viernheimer Straße.
Aufgrund gesetzlicher Änderungen, die ab 2019 für Heimbewohner Einzelzimmer vorschreiben, sowie aus brandschutztechnischen Gründen und dem allgemeinen Sanierungsbedarf, streben das GRN und der Rhein-Neckar-Kreis an, das Betreuungszentrum und die Klinik für geriatrische Rehabilitation zu verlagern.
Durch diesen Umzug würden auf dem jetzigen Gelände rund 47.000 Quadratmeter frei, heißt es in der Gemeinderatsvorlage. Aus Sicht der Verwaltung ergibt sich daraus die Chance auf ein neues, qualitativ hochwertiges Wohngebiet, in der Nähe zum Bahnhof und der Weschnitz.
Frühe Beteiligung der Öffentlichkeit mit Planungsworkshop
In diesem Rahmen wurde von der Stadt die Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs vorgeschlagen. Dadurch könnten städtebauliche Vorgaben formuliert werden. Außerdem geht die Stadt davon aus, dass die Qualität der Ergebnisse höher sei, als bei einem Vorgehen ohne Wettbewerb.
Um eine frühe Einbindung der Öffentlichkeit und des Gemeinderates zu gewährleisten, lud die Stadt Anwohner und andere Interessierte zu einem Planungsworkshop am 20. Oktober 2014 ein. Als Diskussionsgrundlage ließ die Stadt drei sogenannte „Testentwürfe“ durch ein externes Planungsbüro erstellen:
Systemvariante “Grünes Band”
Eine begrünte, parkartige Verbindung von der Fichtestraße, etwa mittig durch das neue Quartier, in Richtung Osten bildet bei dieser Variante die Grundlage. Diese Grünverbindung verläuft über einen grünen Platz, die Viernheimer Straße querend bis zum Weschnitzufer, das an dieser Stelle umgestaltet würde. Erschlossen wird der Planbereich im Osten über die Viernheimer Straße und im Südwesten über die Fichtestraße.
Systemvariante “Boulevard”
In dieser Variante ist eine begrünte Verkehrsachse durch das Gebiet vorgesehen, die die Fichtestraße mit der Viernheimer Straße verbindet. Ein Quartiersplatz ist an den beiden Anknüpfungspunkten vorgesehen. Der begrünte Platz im Osten dient dabei zudem als Verbindung über die Viernheimer Straße zum Weschnitzufer. In dieser Variante ergibt sich durch das Erschließungssystem, das an mehreren Stellen an die Viernheimer Straße anknüpft, ein Erschließungsnetz.
Systemvariante “Gründerzeit am Park”
Der Erhalt eines Teilbereichs des vorhandenen Parks im Osten des Geländes ist die Leitidee dieser Variante. Der Park soll hier auf der gegenüberliegenden Seite durch eine neue Parkanlage zur Weschnitz hin ergänzt werden. Neben dem Erhalt des denkmalgeschützen Verwaltungsgebäudes, der für alle Testentwürfe galt, sieht dieser Entwurf außerdem den Erhalt des gründerzeitlichen Bettenhauses des Betreuungszentrums sowie den Erhalt der Kapelle vor.
Die Erschließung des Quartiers bindet an zwei Stellen an die Fichtestraße an und wird über einen kleinen Platz in der Mitte des Plangebietes miteinander verknüpft. Im Bereich der Kapelle befindet sich ein größerer Platz, von dem aus eine Erschließungsstraße zur Viernheimer Straße verläuft. Diese Option erhielt seitens der Fraktionen die meiste Zustimmung.
“Angepasster Übergang” erwünscht
Gerhard Mackert (Freie Wähler) sagte, die Variante “Gründerzeit am Park” gehe am stärksten auf die im Planungsworkshop besprochenen Ziele ein. So werde das Bettenhaus, die Kapelle und der kleine Park an der Ostseite erhalten. Man solle zudem die Johann-Sebastian-Bach-Schule in der Fichtestraße erhalten und wenn nötig auch eine einzügige Grundschule einrichten. Auch ein Ausbau an Kita-Plätzen in dem Gebiet sollte geprüft werden, sagte er.
Stadtrat Günter Breiling (FDP) sagte, seine Fraktion lege besonderen Wert auf den in den Varianten beschriebenen “angepassten Übergang” zur bestehenden Bebauung. Alle drei Optionen sehen hauptsächlich eine vierstöckige Bebauung mit Mehrfamilienhäusern und Tiefgaragen für den ruhenden Verkehr vor. In der Variante “Gründerzeit im Park” ist für den südlichen Übergang zur Bestandsbebauung Körnerstraße/Blücherstraße eine verdichtete Reihenhausbebauung vorgesehen.
Zielformulierungen auf Grundlage des Workshops
Auf Basis des Workshops am 20. Oktober, formuliert die Stadtverwaltung in ihrer Verwaltungsvorlage Ziele für die weiteren Planungen auf dem GRN-Areal. Erhalten bleiben sollen das denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude, das Bettenhaus, die Kapelle und der Parkbereich im Osten. Zudem solle eine Vernetzung der Grünbereiche mit der Weschnitz erfolgen. Die Geschossigkeit soll sich am Bettenhaus orientieren und hauptsächlich viergeschossig erfolgen.
Insbesondere am südlichen Rand soll der Übergang stärker zur angrenzenden Bebauung angepasst werden, als in den Testentwürfen vorgesehen. Zudem soll das Gebiet an die Fichtestraße angeschlossen und die Viernheimer Straße soll verkehrsberuhigt werden. Die Verwaltung wies darauf hin, dass diese Ziele den aktuellen Stand wiedergeben und keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben. Auch aus prüfungsrechtlichen Gesichtspunkten könnten sich hier noch Änderungen ergeben.
Nach Ansicht der Stadt ist vor Eintritt ins Wettbewerbsverfahren noch zu prüfen, welche Möglichkeiten der Energie- und Wärmeversorgung im Plangebiet zu Grunde gelegt werden können und ob besondere Wohnformen wie beispielsweise Mehrgenerationenhäuser in der Gebietsentwicklung sinnvoll und wirtschaftlich umsetzbar sind.
Weiteres Vorgehen
Im weiteren Vorgehen sieht die Stadt die direkte Einbeziehung der Bürger/innen und Stadträt/innen vor. Alle sechs bis neun Monate sollen die Bürger/innen in Veranstaltungen über den Fortgang informiert werden. Die nächste Öffentlichkeitsveranstaltung zum Sanierungsgebiet findet am 03. Februar um 18:00 Uhr in der Alten Gewerbeschule statt.
Für dieses Jahr beabsichtigt der Kreis, ein Investoren-Auswahlverfahren durchzuführen. Zwischen Ende diesen Jahres und Anfang 2016 soll ein städtebaulicher Realisationswettbewerb durchgeführt werden. Auf Grundlage des im Wettbewerbesverfahren ausgewählten Entwurfs soll anschließend das Bebauungsplanverfahren für die Nachnutzung des GRN-Areals bis 2017 abgeschlossen sein. Im Jahr 2017 soll dann der Umzug des GRN-Betreuungszentrums an die GRN-Klinik erfolgen und 2018 der Baubeginn des neuen Areals.
Beteiligung der Öffentlichkeit und des Gemeinderates
Ursprünglich hatte die Verwaltung vorgeschlagen, bis zum Ende der Planungsphase die Öffentlichkeit mit einem Sanierungsbeirat direkt zu beteiligen und anschließend indirekt durch die Bestellung eines Sanierungsbegleiters.
Dagegen hatte die SPD-Fraktion beantragt, die Öffentlichkeit im gesamten Ablauf direkt zu beteiligen. Dies fand die Zustimmung bei einer deutlichen Mehrheit der Stadträte. Einzig Elisabeth Kramer (GAL) stimmte gegen den SPD-Antrag.
Die bisherige direkte Beteiligung an der Sanierungsmaßnahme “Westlich Hauptbahnhof” sei gut und konstruktiv verlaufen, heißt es in der Vorlage. Zudem habe dies bereits zu einem hohen Erkenntnisgewinn für der Stadt beigetragen. Der Gemeinderat stimmte den formulierten Zielen und dem weiteren Vorgehen einstimmig zu.
Sanierungsausgleich macht Eigentümern Angst
Für Diskussion sorgte die Sorge der Grundstückseigentümer in dem Sanierungsgebiet, die wegen der zu erwartenden Wertsteigerung ihrer Grundstücke einen Sanierungsbeitrag leisten sollen. Diese haben am vergangenen Montag die Bürgerinitiative “Sanierungsgebiet Westlich Hauptbahnhof” gegründet, sagte der Weinheimer Bürger Horst Hoch während der Bürgerfragestunde nach der Abstimmung. Er sagte, die BI befürworte die Sanierung und wolle den Vorgang begleiten.
Allerdings befürchten ihre Mitglieder eine zu hohe finanzielle Belastung durch den Sanierungsbeitrag. Wie hoch dieser ausfällt, war am Mittwoch weder der Verwaltung noch den Stadträt/innen bekannt. “Wir werden die genaue Höhe auch bei der Veranstaltung am 03. Februar noch nicht nennen können”, kündigte Erster Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner an.
Können Grundstücke herausgenommen werden?
Teilweise befürchten die Eigentümer, dass sie durch die finanzielle Belastung ihre Grundstücke verkaufen müssen: “Mein schwer behinderter Bruder wohnt dort. Wie soll er denn eine solche Summer aufbringen?”, fragte eine Anwohnerin in der Bürgerfragestunde.
Oberbürgermeister Heiner Bernhard sagte, es werde keine Wertsteigerung zu erwarten sein, die ein vielfaches des jetzigen Grundstückswerts betrage. Es solle nicht soweit kommen, dass Grundstücksbesitzer ihre Grundstücke verkaufen müssen, sagte er. Bis die genauen Zahlen feststehen, müsse man allerdings abwarten.
In der Debatte hatten die Stadträte außerdem den §142 Baugesetzbuch angesprochen, wonach einzelne Grundstücke aus dem Sanierungsgebiet heraus genommen werden könnten. Auch in der Bürgerfragestunde wurde der Paragraf angesprochen.
Ob dieser Anwendung findet, müsse für jedes Grundstück einzeln geprüft und von der Baubehörde genehmigt werden. Dies sei eine rechtliche Entscheidung. Keine politische, sagte Oberbürgermeister Heiner Bernhard gegenüber den Bürgern während der Fragestunde.