Rhein-Neckar, 14. April 2015. (red/pro) Die Premiere am Freitag war ausgebucht und wie man hört, “ein voller Erfolg”. Am Sonntag kamen gut 50 Gäste und suchten motiviert die Begeisterung – nach der Pause wurde man fündig. In Maßen – legt man die Maßstäbe aus früheren Stücken an.
Von Hardy Prothmann
“In Teufels Küche” ist eine burleske Komödie. Leider mit Schwächen, die ich bisher vom Rhein-Neckar-Theater nicht kenne. Ich kenne den Hang zum Frivolen, zum Ordinären, zum Bösen. Zum Zerrspiegel der scheinbar guten und doch abgrundtief schlechten Gesellschaft. Und dafür ist das Rhein-Neckar-Theater nicht nur ein Geheimtipp, sondern ein großer Spaß.
Das neue Stück versucht sich daran, aber es reüssiert nicht. Den allerbösesten Satz, denn ich schreiben kann, bringe ich jetzt: “Will das “Rhein-Neckar-Theater” tatsächlich dem “Oststadt-Theater” nachahmen?”
Das wäre ja nicht unbedingt pervers, aber verwunderlich. Intendant Markus Beisel wird mich dafür hassen. Soll er. Ich musste schließlich auch an seinem Stück leiden, das unter seinen Möglichkeiten zurückbleibt.
Symptomatisch für das Stück ist diese Szene: Eine zwischen Gefälligkeitswahn und triebhafter Boshaftigkeit gefangene Dörflerin ist nicht in der Lage, einer gefesselten Geisel das Ding zum Wasserlassen rauszuholen, um dann aber im Anschluss einen Piss-Eklat zu veranstalten, indem sie der Schwester das Pinkelwasser ins Gesicht schüttet.
Zuvor ergeht sich auf der Bühne ein elend langes Schauspiel, indem Angela Teufel (Tatjana Lerchbaumer) sich ziert, einem schmierigen Anwalt den Hosenschlitz zu öffnen. Mit einer Grillzange, die praktischerweise in der Küche vorhanden ist. Sie ziert und ziert sich. Und dann fällt auch noch der Satz: “Das Würstchen in der Grillzange.”
Das hätte ein Schenkelklopfer sein können. Bis auf ein zages Raunen blieb der “Gag” stecken.
Wer genau hinschaut, erlebt eine Aufführung mit viel, leider nicht gehobenem Potenzial. Die Konflikte sind allgegenwärtig: Stadt-Land, Geltungsucht und Sein, Dummheit und Klugheit, Rache und Liebe, Sehnsucht und Realität. Da ist viel Stoff drin. Dazu Religion, Kapitalismus, Systemkritik. Ja, ja, ja, denkt man, doch es will nicht richtig zünden.
Ich kenne rund die Hälfte der Produktionen des Rhein-Neckar-Theaters: In Teufels Küche ist unterhaltsam, aber schwach. Die Beiselsche Bosheit ist überall zu spüren, aber leider nicht ausgearbeitet.
Grandios hingegen ist die “Story-Line” – ein Kommissar erzählt die Geschichte und auch nicht. Einmal läuft die Story auf der Bühne sogar rückwärts. Das hat was, das ist überraschend ungewohnt. Très chic. Chapeau!
Aber der Kommissar Ingo Stör (Edgar Diel) ist zu jung und selbstgefällig, der Anwalt Dr. Schwarz (Henry Dahlke) zu sehr Jungfrau, der depperte Ehemann Otto Teufel (Michael Hanreich) zu deppert und die Schwester Vera Teufel (Petra Mott) zu wenig Dorf-Tussi-Schlampe, um echt zu sein.
In Teufels Küche ist ein bewährtes Rhein-Neckar-Theater-Stück, allerdings mit angezogener Handbremse, zu wenig spitz, um “anders” zu sein und trägt eine große Chance in sich: Der Kommissar erzählt die Story mal so, mal so. Mal stimmt sie, mal nicht. Das heißt, der Autor kann noch Einfluss ausüben und die Story jederzeit umschreiben. Und das Rhein-Neckar-Theater hat damit die Chance zu sagen: Haha, Sie dachten, das war die Story? Weit gefehlt. Das war die lockere Variante – die böse folgt jetzt.
Dann würde ich glatt nochmal in das Stück gehen.
So habe ich einen netten Theaterabend verbracht, aufgeschrieben, was aufzuschreiben war.
Dazu noch als Appendix: Tatjana Lerchbaumer liefert die beste Vorstellung ab, weil am Vielfältigsten. Petra Mott ist eine tolle Schauspielerin, füllt die Rolle aus, aber die Rolle nicht sie. Michael Hanreich kennt man als spießigen Mistkerl – als Depp ist er nur mittelmäßig. Edgar Diel kann was werden, aber Henry Dahlke wirkte wie sein Armani-Anzug, einfach nur peinlich. Vielleicht hat er gut gespielt, ich habe ihn das erste Mal gesehen und war enttäuscht, über das “gute Spiel”.
Soll man sich “In Teufels Küche” anschauen? Das muss man nicht, aber es ist auch keine verschwendete Zeit. Der Anfang ist zäh, nach der Pause legt das Stück an Fahrt zu, man wird sicher gut unterhalten, aber RNT-Fans wissen: Beisel kann es besser. Und die Regie unter Danilo Fioriti sollte nochmal ordentlich Hand anlegen.
Aber vielleicht ist das auch ein Grund, die Aufführung zu besuchen: Um eben mal nicht ein High-light zu erleben. Dann kann man beim nächsten durchaus schwätze: “Also däs letzte Stück war ja ned so doll, aber des jetzert, isch krigg Hitzewallunge, wie obszön.”