Rhein-Neckar, 11. Januar 2017. (red/cr) Diffamierungen, Beleidigungen, Hetze – das Internet betrachten viele Nutzer als “rechtsfreien Raum”, in dem sie sich anonym und ohne Konsequenzen auslassen können. Doch einiges davon kann strafbar sein – und damit angezeigt werden. Geld- und auch Freiheitsstrafen wurden schon verhängt. Jeder, der einen entsprechenden Kommentar oder Post findet, kann ihn in vielen Bundesländern auch online zur Anzeige bringen. Baden-Württemberg und Hessen haben solche Internetwachen – in Rheinland-Pfalz ist eine in Planung.
Von Christin Rudolph
Ob in sozialen Medien oder in Kommentarspalten von Online-Angeboten: Hasskommentare und -postings werden zunehmend zum Problem. Selbst wenn diese dem Betreiber der entsprechenden Seite gemeldet werden, folgt die Löschung, wenn überhaupt, oft nur spät.
Viele Nutzer scheinen sich im Internet anonym und somit sicher zu fühlen. Oder rechnen nicht mit “ernsthaften” Konsequenzen.
Die können jedoch durchaus auftreten, wenn ein Straftatbestand erfüllt ist. Sobald sich das Stammtisch-Gerede ins Internet verlagert, bedeutet das in vielen Fällen eine Verlagerung in die Öffentlichkeit.
1.500 Euro und 10 Monate
Oft erfüllen Postings den Straftatbestand der Beleidigung. Doch auch Fälle von Volksverhetzung wurden bereits verhandelt.
So wurde etwa im vergangenen Sommer ein 28-Jähriger in Landshut für drei Fälle der Volksverhetzung und zwei Fälle des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung sowie einer Geldbuße von 1.500 Euro verurteilt.
Der Mann hatte einem Medienbericht zufolge Fotos von Hitler gepostet mit Kommentaren wie „Tja lieber Adi, du wusstest schon genau was Du wie und warum getan hast. Solch eine Sch… die heutzutage in Deutschland abläuft, hätte es bei dir nie gegeben.“.
Zudem soll er sich unter anderem diffamierend über Flüchtlinge geäußert haben, wie etwa „Wer es nicht zu schätzen weiß, was hier für euch geleistet wird, der soll verrecken … hat den Tod verdient“.
Bequem online Anzeige erstatten
Nötigung und Bedrohung, Verleumdung, üble Nachrede und öffentliche Aufforderung zu Straftaten können ebenfalls auf Postings zutreffen. Meist wird eine Geldstrafe verhängt. Es können jedoch auch Freiheitsstrafen verhängt werden.
Wer Hasskommentare sieht, sollte den Betreiber der Seite informieren, auf der der Post steht, zum Beispiel Facebook. Zudem kann Anzeige erstattet werden – in vielen Bundesländern auch online.
Internetwachen bieten unter anderem die Möglichkeit, online Anzeige zu erstatten. In Baden-Württemberg, Hessen und vielen anderen Bundesländern gibt es solche Internetwachen.
In Baden-Württemberg ist das Landeskriminalamt für die Sichtung, Bewertung und Weiterverteilung der Meldungen zuständig, die bei der Internetwache eingehen. Ein Sprecher des Landeskriminalamts Baden-Württemberg sagte auf Anfrage, die Internetwache erreichten viele Meldungen zu Hasskommentaren und -postings.
Mehr Meldungen von Hasskommentaren?
Allerdings würden solche Meldungen bislang in Statistiken nicht gesondert ausgewiesen, da sie sich auf eine ganz Reihe von Straftatbeständen wie zum Beispiel Beleidigung, Volksverhetzung und öffentliche Aufforderung zu Straftaten aufteilen.
2014, so der Sprecher, seien etwa 250 Meldungen mit Staatsschutzbezug eingegangen. 2015, als mit steigenden Flüchtlingszahlen auch das Problem von Hass und Hetze in Internet zunahm, waren es bereits knapp 1.000. Der Zusammenhang ist jedoch nur eine Vermutung und lässt sich nicht eindeutig belegen.
Rheinland-Pfalz plant Internetwache
In Rheinland-Pfalz ist eine Internetwache in Planung. Die konzeptionellen Vorüberlegungen dazu sind nach Angaben des Innenministeriums abgeschlossen. Allerdings sagte ein Sprecher auf Anfrage auch:
Die finale grundsätzliche Entscheidung soll in diesem Jahr getroffen werden. Bei positivem Votum muss die Umsetzung in technischer, organisatorischer und personeller Hinsicht geplant werden. Ob für diesen Fall eine Einführung noch in 2017 realisiert werden kann, muss derzeit noch offen bleiben.
Aktuell würden jedoch andere IT-Projekte der Polizei priorisiert.
In Bremen, Thüringen, Bayern und dem Saarland gibt es bislang ebenfalls keine Möglichkeit, online Anzeige zu erstatten. Polizeidienststellen können jedoch per Mail kontaktiert werden.