Rhein-Neckar, 11. April 2013. (red/pm) Im bayerischen Allgäu wurden in den letzten Monaten vermehrt Fälle von Rindertuberkulose festgestellt. Die Ergebnisse der bisherigen epidemiologischen Ermittlungen gehen davon aus, dass eine Ansteckung der Rinder mit Rindertuberkulose einerseits während der Sömmerung der Rinder auf den Alpen in Österreich und Bayern durch eine Übertragung des Erregers von infiziertem Rotwild auf die Rinder stattgefunden hat. Im Rhein-Neckar-Kreis sind bisher keine Fälle der Krankheit bekannt.
Information des Landratsamtes Rhein-Neckar:
“Andererseits muss mittlerweile auch von einer Ansteckung von Tier zu Tier innerhalb der Rinderpopulation in Bayern ausgegangen werden. Es ist daher erforderlich, Bestände, in denen Tiere, die aus den bayerischen Landkreisen Oberallgäu, Lindau, Memmingen, Ostallgäu, Kempten, Mindelheim, Bad Tölz, Miesbach, Berchtesgadener Land, Rosenheim, Traunstein, Weilheim, Kaufbeuren oder Garmisch-Patenkirchen und aus Tirol und Vorarlberg in Österreich stammen, eingestellt wurden bzw. Bestände, aus denen Tiere am Alpenweideviehverkehr teilgenommen haben, auf Rindertuberkulose mittels Intrakutantest zu untersuchen.
Da es sich bei der Rindertuberkulose um eine Tierkrankheit mit langer Inkubationszeit handelt, ist es erforderlich, diese Untersuchungen auf alle Bestände auszuweiten, die seit dem 1. Januar 2008 Tiere aus den genannten Landkreisen bezogen haben.
Wie das Veterinäramt im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis mitteilt, wurden Kontakttiere in allen vier Regierungsbezirken von Baden-Württemberg festgestellt. Auch ein Betrieb im Rhein-Neckar-Kreis hatte bereits vor zwei Jahren ein solches Rind eingestellt. Der Betrieb wurde daraufhin unter amtliche Beobachtung gestellt und die empfänglichen Rinder einem spezifischen amtlichen Test unterzogen. Am vergangenen Montag, 8. April 2013, wurde dieser Test mit negativem Ergebnis ausgelesen.
Keinerlei Wärmebehandlung
Aufgrund der geschilderten Situation ist es im Rahmen des vorsorglichen Verbraucherschutzes erforderlich, Tiere in Vorzugsmilchbeständen auf Tuberkulose zu untersuchen, weil die aus diesen Betrieben in Verkehr gebrachte Milch, die zum Rohverzehr bestimmt ist, keinerlei Wärmebehandlung unterzogen wird und dadurch ein gesundheitliches Risiko für den Verbraucher darstellen kann. Im Rhein-Neckar-Kreis befindet sich jedoch kein Vorzugsmilchbetrieb.
Um festzustellen, ob sich Rinder beim Weideauftrieb auf Weiden in den betroffenen bayerischen Landkreisen oder Österreich mit dem Tuberkuloseerreger infiziert haben, oder ob eine mögliche Infektion bereits im Herkunftsbestand stattgefunden hat, ist es erforderlich, Rinder, die im Jahr 2013 auf bayerische oder österreichische Alpen aufgetrieben werden sollen, vor dem Auftrieb und nach dem Abtrieb auf Tuberkulose untersuchen zu lassen.
Wie das Veterinäramt weiter mitteilt, werden die Kosten der Untersuchung vom Land und der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg getragen.
Informationen zur Rindertuberkulose
Die Tuberkulose des Rindes ist eine anzeigepflichtige, meist chronisch verlaufende Infektionskrankheit der Rinder. Infizierte Tiere bleiben meist über lange Zeit klinisch unauffällig, so dass tuberkulöse Organveränderungen häufig erst bei der Fleischuntersuchung im Rahmen der Schlachtung auffallen. Leistungsrückgang, Abmagerung oder chronischer, therapieresistenter Husten können auf eine klinisch-manifeste Erkrankung hinweisen.
In der Erstinfektionsphase entwickelt sich eine granulomatöse Entzündung mit knötchenförmigen Veränderungen (Tuberkel) an der Eintrittspforte und in den regionären Lymphknoten (Primärkomplex). Die Veränderungen finden sich je nach Infektionsweg an den Kopflymphknoten, im Respirations- oder im Gastrointestinaltrakt. Danach treten verschiedene Verlaufsformen auf.
Bei der Frühgeneralisation bilden sich granulomatöse Läsionen in verschiedenen Organen, u. a. in der Leber und in der Niere sowie an den serösen Häuten (Miliartuberkulose). Die chronische Organtuberkulose betrifft meist ein Organ, häufig die Lunge. In der terminalen Niederbruchsphase kommt es durch hämatogene Ausbreitung zur Spätgeneralisation. Die generalisierenden Verlaufsformen werden in der Regel von einem Zusammenbruch des Immunsystems eingeleitet.
Die Tuberkulose wird von Mykobakterien verursacht. Mykobakterien sind langsam wachsende, grampositive, unbewegliche Stäbchen, die sich besonders durch ihre Säure- und Alkoholfestigkeit und damit einer hohen Umweltstabilität (Tenazität) auszeichnen. Die Erreger der Rindertuberkulose M. bovis und M. caprae gehören zum sogenannten Mycobacterium tuberkuculosis Complex (MTC). In diesem werden für den Menschen obligat, pathogene Mikroorganismen zusammengefasst.”