Rhein-Neckar, 07. Juni 2016. (red) Wie geht Straßenkampf? Immer unfair und ohne Regeln. Manchmal gibt es das auch im Journalismus. Oft gewinnt der, der angreift. Aber nicht immer. So geschehen am Freitag vergangener Woche.
Zwei Referenten und der Moderator sind pünktlich. Gut 40 Besucher auch. Einer lässt auf sich warten, kommt, und fläzt sich breitbeinig hin, öffnet das Notebook und sucht eher keinen Blickkontakt.
“Wie über die AfD berichten?”, heißt der Workshop. Neben einem Vertreter der Chefredaktion der Sächsischen Zeitung und dem Redaktionsleiter von Rheinneckarblog ist auch Herr L. eingeladen, Chefredakteur einer Lokalzeitung. Über die anwesende Blog-Konkurrenz mag er trotz mehrfacher Aufforderung durch die Workshop-Teilnehmer nichts sagen.
Dann plötzlich kommt der Angriff: “Wann wurde die Anzeige von Frau Petry bei Ihnen gebucht? Vor oder nach dem Interview?” – Es geht um Ende Januar, als der Herr L. mit einem merkwürdigen Interview zu einem angeblichen Schießbefehl mal Aufmerksamkeit erheischt hat.
“Wie war die Frage?” – “Wurde die Anzeige von Frau Petry vor oder nach dem Interview gebucht?”, insistiert Herr L. “Ich verstehe die Frage immer noch nicht”, sagt der Blog-Redakteur. “Aha”, sagt Herr L. und fuchtelt mit einem Ausdruck der Anzeige auf dem Blog herum, den er eigens angefertigt hat, obwohl er sich eigentlich nicht zur “Konkurrenz” äußern wollte.
Die Überprüfung der email zeigt, das Interview fand am 30. Januar statt. Die Anfrage kam vom Kreisverband Mannheim der AfD am 03. Februar. Ein Mitarbeiter mailte: “Sollen wir das machen?” Die Antwort war: “Ja, das ist eine einwandfreie Anzeige.” Auch den Preis können die Anwesenden sehen: 250 Euro netto. Der steht auch so in den Mediadaten. Am 04. Februar wurde die Anzeige veröffentlicht, es wurde eine Rechnung gestellt und diese ordentlich bezahlt.
Den Teilnehmern wurde die Mail-Korrespondenz nach kurzer Suche transparent auf der Projektor-Leinwand gezeigt. Es gab nichts zu verbergen. Mehr Transparenz geht nicht.
Herr L. sagte dann auf Nachfrage, ob ihn diese Antwort zufriedenstellt, nichts mehr. Er hatte rotglühende Ohren.
Merke: Straßenkampf ist immer ein Risiko. Dessen sollte man sich bewusst sein. Insbesondere dann, wenn man sich für den Allergrößten hält und sich deshalb einen Satz heiße Ohren holt.
Anm. d. Red.: Die Lokalzeitung hatte auch Anzeigen der AfD geschaltet. Das ist ein Gedächtnisprotokoll. Wir verlinken, sobald die Audio-Aufzeichnung der Veranstaltung online ist. “Brutal” transparent – wie üblich bei uns, allerdings selten bei anderen. Die Lokalzeitung hatte sich vor gar nicht allzu langer Zeit eine “Missbilligung” des Deutschen Presserats eingehandelt – wegen Schleichwerbung oder “Irreführung von Lesern”. Wir stellen ausdrücklich keine Spekulationen an, ob die Motivation des Herrn L. möglicherweise daher rührt, dass er andere verdächtigt, das zu tun, was in seinem Haus schon vorgefallen ist.