Mannheim, 06. Oktober 2016. (red/pro) Aktualisiert. Im Juli 2015 verstarb ein 68-jähriger Rentner an den Folgen eines Faustschlags, der ihn zu Boden streckte. Sein Kopf prallt auf den Boden. Neben Gesichtsfrakturen erleidet er eine tödliche Hirnblutung. Die Polizei kommt mit den Ermittlungen nicht voran. Die ZDF-Sendung “Aktenzeichen XY… ungelöst” thematisiert die Tat. Angeblich, um die Ermittlungen voranzubringen. Tatsächlich wird das Opfer in unzulässiger Weise ins Rampenlicht gestellt. Unser Leser wissen, dass wir die Polizei sehr achten und unterstützen. Aktuell ist das nicht der Fall. Hinweis: Wir nehmen die Kritik an der Polizei zurück.
Kommentar: Hardy Prothmann
Peter S. ist tot. Er starb Wochen nach einem Faustschlag, der ihn im Juni 2015 niederstreckte, an einer Gehirnblutung.
Peter S. ist keine Person des öffentlichen Lebens. Es gibt überhaupt keinen Grund, das Foto des Peter S. öffentlich zur Schau zu stellen.
Doch das ZDF hat keine Skrupel.
Schließlich ist ein Mann unschuldig ums Leben gekommen. Schließlich sucht man den Täter. Von dem gibt es kein Foto.
Also zeigt man das Opfer. Sogar eine Sterbeszene im Krankenhaus.
Welchen Sinn macht es, den vollen Namen des Opfers zu nennen? Es gibt vermutlich keine Beziehung zwischen Opfer und Täter.
Hat das noch etwas mit öffentlich relevanter Information zu tun oder ist das die pure, emotionale Sensationsgeilheit?
Hat jemand das Todesopfer gefragt, ob er so inszeniert werden wollte? Als “Thema” einer Sendung, die ein Millionenpublikum erreicht?
Welchen Ermittlungserfolg kann man sich von einer Krankenhaussterbeszene versprechen? Welchen von einem Profilfoto des Opfers?
Das ZDF verstößt in eklatanter Weise gegen die Bestimmungen des Deutschen Presserats. Das ZDF darf das, weil der Pressekodex nicht für das ZDF gilt.
Die Polizei sucht nach einem unbekannten Mann – das ZDF macht Millionen von Menschen ein Opfer bekannt. Kann das wirklich sein? Ist das “Qualitätsjournalismus”? Ist das öffentlich-rechtlicher Auftrag, für den alle Haushalte eine Zwangsabgabe in beträchtlicher Höhe Monat für Monat zahlen müssen?
Der Bericht des ZDF ist öffentlich zugänglich. Schauen Sie sich an, was beim ZDF zugänglich ist.
Bei uns wäre ein solcher Bericht niemals möglich gewesen.
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Das Aufmacherbild ist eine Sterbeszene.
Dann wird prominent das Opfer gezeigt.
Dann eine “Übersichtskarte”.
Dann ein kaum zu erkennendes “Identifikationsmerkmal” – ein angebliches T-Shirt des Totschlägers.
Das ZDF hatte intensiven Zugang zur polizeilichen Ermittlung. Der Umgang mit dem Opfer ist intensiv beschämend.
Aktualisierung, 06. Oktober 2016, 18:21 Uhr
Wir haben in der Sache heute sehr lange mit verschiedenen Polizeibeamten telefoniert. Uns wurde mitgeteilt, dass die Quelle in der Bildunterschrift auf der ZDF-Seite (Link siehe oben) nicht korrekt ist. Dort steht “Kripo Mannheim”. Tatsächlich wurde das Foto aus dem Kreis der Angehörigen an das ZDF übermittelt.
Weiter wurde der Fall nicht durch die Polizei an das ZDF herangetragen, sondern durch Familienangehörige. Die Polizei hat sich uns gegenüber zur Darstellungsform intern geäußert. Unsere Aussage, das Polizeipräsidium Mannheim habe sich darauf eingelassen, ziehen wir zurück. Weiter sind unsere andere Schlussfolgerungen demnach voreilig gewesen und nicht zutreffend.
Das betrifft auch die Familie des Opfers. Offenbar war diese die treibende Kraft für die Veröffentlichung. Dazu halten wir weiter an unserer Einstellung fest, dass Angehörige von Opfern meist selbst zu Opfern werden und verantwortlicher Journalismus diese Menschen teils vor sich selbst schützen muss. Man muss nicht alles tun, was man tun kann.
Diese Korrektur erfolgte auf eigenen Antrieb aus der Redaktion heraus ohne Einwirkung von Dritten. Wir korrigieren immer dann, wenn der Sachstand einer Berichterstattung nicht wesentlich zutreffend ist. Aus Transparenzgründen haben wir die nicht zutreffenden Teile durchgestrichen und lassen sie dokumentiert.
Es ist sehr bedauerlich, dass das Polizeipräsidium Mannheim sich auf diese Darstellungsform eingelassen hat.
Das ist schädlich für alle künftigen Zeugenaussagen.
Das ist vor allem schädlich gegenüber allen Opfern, die ohne Sinn und Verstand in die Öffentlichkeit gezerrt werden.
Peter S. ist tot – das ZDF hat seinen Tod für Millionen im Fernsehen und im Internet inszeniert. Die Frage, welche Verantwortung die Polizei für diese Zurschaustellung hat, bleibt offen. Und sucht nach einer Antwort.
Die Frage, wie die Verbliebenen damit umgehen, auch.
Die Zurschaustellung des Opfers hat nach unseren Informationen genau keine weiteren Ermittlungsergebnisse erbracht.
Peter S. musste sterben, weil er zufällig am falschen Ort auf eine falsche Person getroffen ist.
Die Inszenierung seines Todes beschämt ihn als Opfer zutiefst, denn keine der veröffentlichten Informationen ist geeignet, das Ermittlungsinteresse der Behörden über seine Persönlichkeitsrechte zu stellen.
Wir hatten übrigens angefragt, ob wir eine Reportage während der Sendung machen dürften.
Das haben die verantwortlichen Ermittler abgelehnt.
Nach der Sendung, vermuten wir die Gründe zu kennen.
Diese sind beschämend. Für diese Ermittler. Für die Kollaborateure beim ZDF.
Und für alle Verantwortlichen beim Polizeipräsidium Mannheim.
Ein totes Opfer wurde ohne Not inszeniert, um Quoten und Aufmerksamkeit zu erreichen.
Kein Wunder, dass man das Rheinneckarblog nicht dabei haben wollte. Unsere kritische Haltung hätte vermutlich noch mehr ans Licht gebracht.
Schade auch, dass die Polizei Mannheim nach vielen Jahren sehr guter Zusammenarbeit auf Tauchstation geht. Möglicherweise hat das “persönliche” Gründe bei bestimmten Ermittlern, möglicherweise auch andere.
Schaun mer mal.
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