Guten Tag!
Mannheim, 02. Februar 2011. Erst kam das Eis, dann das Hochwasser, dann das Tankerunglück vor der “Loreley”. Die Binnenschiffer im In- und Ausland treffen die Ereignisse hart. Vielleicht sogar existenziell. Im Mannheimer Hafen hängen rund 120 Schiffe fest. Wann es für wen weitergeht, ist unklar. Klar ist, die Kosten laufen den Schiffern aus dem Ruder.
Von Hardy Prothmann
Gudrun Mnich von der MS Salisso ist sicher nicht leicht zu erschüttern. Die Mutter von neun Kindern liegt mit dem Schiff ihres Mannes zurzeit als eines von fast 120 Transportschiffen im Mannheimer Hafen fest.
Die Situation geht ihr aber doch merklich an die Nerven: “Wir liegen hier jetzt seit dem 23. Januar und wissen nicht, wann es weitergeht.” Das Schiff ist mit Futtermitteln beladen, der Abnehmer wartet, die Kosten laufen weiter.
“Das geht nicht nur uns so, wir Schiffer haben grenzübergreifend nicht nur zur Zeit Riesenprobleme.” Der Wirtschaftsaufschwung, von dem berichtet wird, “mag irgendwo sein, bei uns ist er nicht angekommen”, sagt die Frau offenherzig. “Die Margen sind sehr eng und Eis, Hochwasser und jetzt die Havarie bringen das enge Zeitsystem durcheinander.”
Das Problem: Wichtige Güter werden längst per Lkw von und zu den Fabriken gebracht, wie es eben geht. Die Schiffer haben keine Chance auf eine Alternative. Sie müssen warten, bis sie weiterdürfen. Egal, ob beladen oder nicht.
Wenn es weiter geht, ist die Frage wie?
Das nächste Problem: Wie geht es weiter, wenn der Rhein wieder freigegeben wird? Wer darf dann fahren. Die beladenen Schiffe sind langsamer als die leeren Schiffe. Die beladenen haben aber den größeren Termindruck. Die leeren Schiffe wollen schnell wieder Ladung aufnehmen und werden dann zu langsamen Schiffen. Wer darf also wann starten?
“Wir versuchen hier untereinander Lösungen zu finden, damit wir alle zurechtkommen, denn wir sind alle sehr getroffen”, sagt Frau Mnich, und: “Wir haben keine Lobby, keinen, der sich für uns einsetzt.”
Nur noch rund 1.000 Binnenschiffer gibt es in Deutschland. Immer unterwegs. Das ist kein Beruf, mit dem man reich wird. Schon gar nicht, wenn man neun Kinder hat, wie Frau Mnich.
“Sieben Kinder sind hier in Mannheim untergebracht”, sagt sie. Mannheim ist der Heimathafen. “Für uns ist die Situation der Super-Gau nach all den Schwierigkeiten der vergangenen Monate.” Die Kosten laufen weiter, Geld gibt es erst, wenn die Fracht gelöscht ist.” Dass in einer solchen Situation keine “Liegegebühren” verlangt werden, ist kein echter Trost.
Keine Lobby.
Frau Mnich hat eine Initiative ins Leben gerufen, für die Schiffer, zusammen mit der Hafengesellschaft Mannheim-Ludwigshafen, der Evangelischen Schifferseelsorge Mannheim-Ludwigshafen und dem Mannheimer Schifffartsverein. Reden, rufen, Lösungen finden, ist die Devise.
Eine Lösung ist Geld: “Wir appellieren dringend an die EU, uns zu helfen. Viele werden das aus eigener Kraft nicht schaffen, die Zeit wird immer knapper. Die wirtschaftliche Lage ist fatal.”
In unserer Fotostrecke sehen Sie die Situation am Sonntag im Mannheimer Hafen bei schönen Wetter. Auf den ersten Blick mag es “nett” aussehen, wie die Schiffe dort im “Päckchen” liegen. An Bord ist die Stimmung teils dramatisch. Manche Schiffe liegen seit dem 13. Januar hier, jeder Tag kostet Geld und das ist knapp bei den Binnenschiffern.
Fotos: local4u
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